Parlamentswahlen im Iran: Versammlung der Jasager
Die Parlamentswahlen haben klar gemacht, dass es sich bei dem Regime, das seit 41 Jahren in Iran herrscht, um eine klerikale Diktatur handelt.
D as Regime im Iran kann nun getrost das Wort Republik aus seinem Namen abschminken. Für alle, die noch daran Zweifel hatten, ist spätestens seit den sogenannten Parlamentswahlen am Freitag klar geworden, dass es sich bei dem Regime, das seit 41 Jahren in Iran herrscht, um eine klerikale Diktatur handelt. Das Parlament hat sich durch die Vorwahl, die der Wächterrat traf und dabei andersdenkende Kandidaten ausschloss, in eine Versammlung von dem Revolutionsführer ergebenen Jasagern verwandelt. Zwar hatte das Parlament auch bisher keine Macht, grundlegende Entscheidungen zu treffen. Aber es konnte durch seine Existenz zumindest den Anschein erwecken, als werde in der Islamischen Republik irgendwie auch der Wille des Volkes berücksichtigt.
Nun herrscht Klarheit. Die ist bitter für die Reformer, die die Illusion hatten, die Islamische Republik ließe sich in eine Demokratie verwandeln. Eigentlich hätten sie diese Illusion längst aufgeben müssen. Denn sie hatten acht Jahre lang unter Präsident Chatami die Mehrheit im Parlament, konnten aber keine einzige grundlegende Reform durchsetzen. Auch in den vergangenen sieben Jahren ist die Regierung von Präsident Rohani trotz Dominanz der Reformer im Parlament mit ihrem Reformvorhaben gescheitert. Die Reformer sind längst überflüssig geworden.
Die eigentlichen Machthaber haben mit der rigorosen Säuberung klare Verhältnisse geschaffen. Das hat auch, wie die Wahlbeteiligung zeigt, die Bevölkerung registriert. Rund sechzig Prozent der Wahlberechtigten sind nicht zu der Wahl gegangen, in Teheran waren es sogar fast achtzig Prozent.
Zieht man all jene ab, die existenziell von dem Regime abhängig sind, und jene, die aus welchem Grund auch immer sich gezwungen sahen, an der Wahl teilzunehmen, bleibt eine Minderheit von zehn bis zwanzig Prozent, Regierung von Präsident Rohani die die Basis der Islamisten bildet. Vorbei sind die Zeiten, in denen die Kleriker sich mit der Behauptung, das ganze Volk stehe hinter ihnen, brüsten konnten. Nun werden sie versuchen, mit noch mehr Gewalt als bisher ihre Macht zu erhalten. Ob das gelingen wird, ist höchst fraglich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht