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Parlamentswahl in TschechienPremier greift wieder nach dem Sieg

Trotz Verstrickungen in Offshore-Geschäfte könnte Andrej Babiš erneut auf dem ersten Platz landen. Für eine Koalition stehen mehrere Parteien bereit.

Regierungschef Andrej Babiš bei einer TV-Debatte am 3. Oktober Foto: Petr David Josek/ap

Prag taz | Der letzte Showdown glich einer Offenbarung: Insgesamt acht Spit­zen­kan­di­da­t*in­nen verschiedener Parteien, von Altkommunisten bis Neurechten, stellten sich am Mittwochabend im öffentlich-rechtlichen tschechischen Fernsehen einer letzten Diskussion vor der Parlamentswahl am Freitag und Samstag. Aller potentiellen Meinungs- und Themenvielfalt zum Trotz drehte sich die Debatte im Kern jedoch nur um einen: Regierungschef Andrej Babiš.

Der 63-jährige Oligarch aus der Slowakei stellt sich in diesen Wahlen schon zum dritten Mal dem Votum der tschechischen Wähler*innen. Sollten die Umfragen Recht behalten, würden Babiš und seine ANO-Bewegung die Wahlen mit einem Stimmanteil von 25,2 Prozent gewinnen. Das würde zwar einen Verlust von über vier Prozent gegenüber der Wahl 2017 bedeuten – aber immer noch einen knapp vierprozentigen Vorsprung vor dem ersten von zwei Anti-Babiš-Wahlbündnissen.

SPOLU (Deutsch: Zusammen) ist eine Vernunftehe aus der konservativen Bürgerpartei ODS, dem einstigen liberalen Hoffnungsträger TOP 09 und den Christdemokraten. Laut Umfragen kommen sie mit 20,9 Prozent der Stimmen auf Platz zwei. An dritter Stelle folgt ihr möglicher Koalitionspartner – ein Wahlbündnis aus Piraten und der Bürgermeisterpartei STAN, das, ebenfalls zweckgebunden, unter der Anti-Babiš-Flagge in die Schlacht zieht.

Seinen Höhepunkt hatte der Wahlkampf zu Beginn der Woche erreicht, nachdem Enthüllungen eines internationalen Journalistennetzwerks Offshore-Verstrickungen von Babiš offengelegt hatten, über die der Milliardär und reichste Mann Tschechiens vor zwölf Jahren im südfranzösischen Mougins eingekauft hatte: ein Chauteau für 14 Millionen Euro und weitere Immobilien.

Intellektueller mit Pfeife

Er sei enttäuscht darüber, „dass wir auf den Titelseiten internationaler Medien statt mit Erfolgen wieder mit den Skandalen des Herrn Babiš punkten“, erklärte Petr Fiala, Chef des SPOLU-Wahlbündnisses, während der Fernsehdebatte. Fiala, ein Politologieprofessor aus Brünn, der sich im Wahlkampf als bürgerlicher Intellektueller in nachdenklicher Pose und mit Pfeife stilisiert, sieht sich derweil selbst schon als künftigen Ministerpräsidenten. „Einige Wähler sprechen mich schon jetzt mit Herr Premier an“, erzählt er gerne.

Das hängt aber vor allem davon ab, welche Koalition nach den Wahlen zustande kommen wird. Das Potential der SPOLU ist mit dem Piraten-Stan-Wahlbündnis erschöpft. Andrej Babiš und seine ANO hingegen können schon jetzt mit der rechtspopulistischen SPD des Tschecho-Japaners Tomio Okamura rechnen. Der war schon nach den Wahlen 2017 zu einer Zusammenarbeit mit Babiš bereit und soll laut Wahlumfragen erneut auf einen Stimmanteil von rund zehn Prozent kommen.

Anstelle Okamuras waren jedoch die Sozialdemokraten vor vier Jahren eine Koalition mit Andrej Babiš eingegangen und hatten für ihre Regierungsbeteiligung auch eine stille Unterstützung der Kommunisten hingenommen. Kein Wunder, dass die Sozialdemokraten ihre letzte Glaubwürdigkeit inzwischen verloren haben. Sie dürften schon jetzt zu den Verlierern der Wahl zählen. Fraglich ist sogar, ob sie es über die Fünfprozenthürde ins 200-köpfige Abgeordnetenhaus schaffen werden.

Neu im tschechischen Politzirkus ist die Partei Prisaha (Eid) des ehemaligen Elitepolizisten Robert Slachta. Ob er es auf einem Law-and-Order-Ticket ins Abgeordnetenhaus schaffen wird, ist noch nicht sicher. Falls ja, dürfte er einen weiteren möglichen Koalitionspartner für Andrej Babiš stellen.

Gesundheitliche Probleme

Die entscheidende Rolle bei den künftigen Koalitionsgesprächen fällt allerdings Miloš Zeman zu. Der Präsident hat schon seit Längerem angekündigt, selbst für Babiš zu stimmen und alles daran zu setzen, den Oligarchen erneut zum Regierungschef zu machen.

Andererseits scheint Zeman derzeit auf Schloss Lany bei Prag, dem traditionellen Landsitz tschechischer Präsidenten, mit ernsthaften gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Laut Václav Klaus, seinem einstigen politischen Widersacher, wird Miloš Zeman jetzt von seinem Lebensstil eingeholt. Der Präsident habe mit ernsthaften Leberproblemen zu kämpfen“, meinte Klaus in einem Radiointerview.

Ob er überhaupt noch physisch in der Lage sei, seinen Amtspflichten nachzukommen, bleibt eine große Unbekannte dieser Wahl. Die zweite Frage, die schon im Vorfeld über dem politischen Diskurs schwebt, lautet, warum Andrej Babiš auch diese Wahlen wieder gewinnen dürfte.

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