Parlamentswahl in Grönland: Es geht nicht vorrangig um Trump
Grönland ist mehr als ein politischer Zankapfel. Die Bevölkerung will Verbesserungen in ihrem Alltag – von einer neuen Regierung.
W ohl noch nie war das internationale Interesse an Grönland so groß wie bei dieser Parlamentswahl. Ein bisschen schien es, als erwarte man von dem kleinen Land Antworten darauf, wie mit Donald Trumps geopolitischen Expansionsanwandlungen umzugehen ist. Das Ergebnis zeigt, dass Grönland mehr ist als ein geopolitischer Zankapfel.
Bis heute dreht sich dort alles um die Folgen der Kolonialvergangenheit, die Abhängigkeit von Dänemark, die Versuche der bisher größten Parteien, die Selbstverwaltung in grönländischem Sinne zu gestalten. Dass die Bevölkerung die Versuche für missglückt hält, zeigen die historischen Verluste der beiden linken Regierungsparteien.
Regieren wird künftig – mit wem, wird sich zeigen – eine Partei, die davon spricht, die Gesellschaft so umzugestalten, dass sie besser zur grönländischen Mentalität passt. Weniger reguliert soll sie sein, mit Blick auf die Schutzbedürftigen. Die sozialliberale Demokraatit hat damit ihre Zustimmung mehr als verdreifacht. Bessere Gesundheitsversorgung, eine Fischereipolitik zum Schutz kleiner Betriebe, große Investitionen zur Stärkung der Wirtschaft: Das waren die Themen, die verfingen.
Und die Selbstständigkeit? Ja, später, gründlich vorbereitet. Immerhin ein Viertel der Wählenden wäre lieber früher als später unabhängig – das zeigt die nächste Wahlüberraschung, der große Erfolg für die Partei Naleraq. Allerdings steht sie mit ihrer Unabhängigkeitseile politisch allein da und dürfte Oppositionspartei bleiben.
Es ging nicht vorrangig um Trump. Einer der großen Wahlverlierer, Regierungschef Múte B. Egede, hatte in den vergangenen Monaten die Aufgabe, auf Trumps Grönlandäußerungen zu reagieren. Er wurde nicht für seine Kritik an dessen Respektlosigkeit oder die Aussage, über seine Zukunft entscheide Grönland allein, abgestraft. Darin sind sich die meisten Grönländer einig. Egede verlor, weil man seiner linksgerichteten Regierung nicht mehr zutraut, einen funktionierenden grönländischen Sozialstaat aufzubauen.
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