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Parkgebühren in BerlinDa geht noch vieeel mehr

Kommentar von Claudius Prößer

Für AnwohnerInnen wird das Abstellen ihres Autos wohl nur ein bisschen teurer. Dabei bieten höhere Kosten für die Parkvignette einige Chancen.

Ganz schön voll hier: Parkende Autos in Tempelhof Foto: Dirk Sattler/Imago

D ie Parkgebühren für AnwohnerInnen sollen also auch in Berlin steigen, endlich. Allerdings nur ein kleines bisschen, wenn es nach dem Willen von CDU-Verkehrssenatorin Manja Schreiner geht: von derzeit gut 10 Euro im Jahr auf 60, tatsächlich aber deutlich weniger, weil es Rabatte für die digitale Abwicklung geben soll. Wer – aus der Perspektive seines Geldbeutels – alles richtig macht, zahlt dann nicht einmal das Dreifache des heutigen Preises, nämlich 27,50 Euro jährlich.

Das ist läppisch: Andere deutsche Städte wie Bonn, Freiburg, Münster oder Frankfurt am Main haben deutlich mehr draufgelegt, seit 2020 die Kommunen über die Kosten der Parkvignetten selbst entscheiden können. In der früheren Bundeshauptstadt Bonn kostet der Aufkleber für die Windschutzscheibe ab März sogar 360 Euro im Jahr.

Das schmerzt dann durchaus und regt Autofahrende an, über die eigene Mobilitätsstrategie nachzudenken. Es spült aber auch Geld in die Kassen der Gemeinden, die bis vor kurzem mit den Einnahmen nicht einmal den Verwaltungsakt für die Ausstellung der Parkvignette refinanzieren konnten.

Es ist umgekehrt keine wirklich unsoziale Maßnahme. Denn wer Auto fährt, bezahlt den damit verbundenen Komfort über Anschaffungskosten, Steuern, Versicherungen, Wartung und Sprit ohnehin teuer. 10, 20 oder auch 30 Euro monatlich fürs Abstellen sind angesichts dessen kein elitäres Ausschlusskriterium, wie es die Berliner CDU gern darstellt: „Nur noch Reiche“ würden sich dann ein Auto leisten können, hatte der heutige Regierende Bürgermeister Kai Wegner im Wahlkampf gesagt. Diese Rechnung geht einfach nicht auf.

Dass die Grünen es nicht geschafft haben, die von ihnen geplante Gebührenerhöhung umzusetzen, solange sie in der Verantwortung standen, ist bedauerlich. Auch sie hätten übrigens gerade einmal einen Zehner pro Monat fürs Abstellen verlangt. Heute finden das vielen von ihnen selbst ganz schön mutlos – und fordern aus der Opposition heraus höhere Beträge.

Geldsegen für die Bezirke

Dabei wäre es nicht nur für die Pkw-HalterInnen von Vorteil, wenn der Parkdruck in den „bewirtschafteten“ Innenstadtbereichen etwas sinken würde. Auch die Bezirke würden neue Einnahmen generieren, die sie in dringend benötigte Infrastrukturmaßnahmen und anderes investieren könnten. Das Geld wäre also alles andere als verloren.

Wahrscheinlich wird es noch ein paar Jahre dauern, bis das auch die Autopartei CDU versteht. Dass anderswo die Gebühren zum Teil weit stärker steigen, dürfte ihren Erkenntnisprozess beschleunigen.

Höhere Parkkosten im öffentlichen Raum können im Übrigen dazu führen, dass sich irgendwann die vielen leer stehenden Parkhäuser wieder füllen. Das gilt vor allem beim – bereits verteuerten – Kurzzeitparken, aber eben auch für KiezbewohnerInnen mit Auto. Je geringer die Differenz zu den im Parkhaus aufgerufenen Dauerpark-Gebühren wird, desto eher denken sie darüber nach, dort ihr Fahrzeug abzustellen, auch wenn es oft etwas längere Wege bedeutet.

Utopie parkplatzfreie Stadt

Die Straßen entlastet das, und mittelfristig können dort dann auch mehr Stellplätze abgeschafft werden, ohne dass es zu paradoxen Effekten wie einem erhöhten Parksuchverkehr kommt. Das Szenario einer parkplatzfreien Stadt, wie es unter anderem der Initiative Berlin autofrei vorschwebt, dürfte aber bis auf Weiteres eine Utopie bleiben.

Denn es verbleiben genügend Gründe, ausreichend Stellplätze vorzuhalten. Nicht nur, dass der Lieferverkehr die Flächen braucht. Auch mobilitätseingeschränkte Menschen – von denen es in einer alternden Gesellschaft immer mehr gibt, und von denen immer mehr ihr Recht auf Mobilität in Anspruch nehmen – brauchen Parkraum. Nicht nur an ihrer Wohnung, sondern überall dort, wohin sie fahren wollen oder müssen.

Auch Fahrräder und Busse brauchen letztlich Platz. Klar, davon gibt es umso mehr, je weniger Blech einfach nur herumsteht. Aber dass ganze Straßenzüge mit kleinen Grünflächen, Spielplätzen oder Bänken ausgestattet werden können, wo vorher Autos parkten, ist eine eher unrealistische Vision, zumal die frei werdende Fläche in der Summe zwar beachtlich, im Einzelfall aber dann doch überschaubar ist.

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Redakteur taz.Berlin
Jahrgang 1969, lebt seit 1991 in Berlin. Seit 2001 arbeitet er mit Unterbrechungen bei der taz Berlin, mittlerweile als Redakteur für die Themen Umwelt, Mobilität, Natur- und Klimaschutz.
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3 Kommentare

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  • Besonders interessant, dass immer jene Menschen die in den Luxusviertel leben und ihre Protzkarren in ihere wunderschönen, freischwebenden Garage zur Nacht betten, über jene entscheiden, die in den Innenstadtvierteln leben und jeben darauf angewiesen sind das Auto im öffentlichen Verkehrsraum abzustellen.



    Ich habe den Eindruck, dass "Reich" einfach einen weiteren Versuch startet das einfache Volk aus den Städten fernzuhalten.

    • @Bolzkopf:

      Genau das. Es wundert auch nicht, dass es die Grünen sind, neben der FDP die Partei mit der wohlhabensten Anhängerschaft, die hier eine Politik gegen einfache Arbeitnehmer machen.



      Hätten die Grünen während ihrer Zeit im Senat den öffentlichen Nahverkehr entsprechend ausgebaut, würden sich viele Berlinerinnen ganz aus freien Stücken das Auto sparen!

  • Die Gebühren werden eine unsoziale Maßnahme, wenn sozial schwache sich sie nicht mehr leisten können, die Gebühren aber noch so niedrig sind, dass sie weit unter den Kosten für eine alternative Unterbringung in einer nicht subventionierten Tiefgarage liegen. Denn dann werden diejenigen Wohlhabenden, die ein Auto haben und auf der Straße abstellen, subventioniert, die weniger wohlhabenden nicht mehr.