piwik no script img

Parkbänke in PankowEine demokratische Institution

Der Bezirk Pankow bittet An­woh­ne­r*in­nen noch bis Ende diesen Monats um Vorschläge, wo neue Parkbänke aufgestellt werden könnten. Gute Idee!

Parkbänke kann es nie genug geben, nicht einmal hier im Tiergarten Foto: dpa

Die Parkbank ist eine der unterschätztesten Errungenschaften der Zivilisation. Denn dieses geliebte Stadtmöbel macht es nicht nur ganz kostenlos möglich, zwischen oder nach der Arbeit oder dem Einkauf zur Ruhe zu kommen, den Gedanken nachzuhängen, nichts zu tun, zu träumen, sich mit anderen zu treffen oder mit Wildfremden ins Gespräch zu kommen. Sie ist auch ein Ort für Verliebte, für Lesende, für Alte oder andere Menschen, die nicht ausdauernd gehen können – und nicht zuletzt für Obdachlose, die sich darauf betten können – wenn sie nicht durch Armlehnen daran gehindert werden. Im Grunde ist die Parkbank eine demokratische Institution.

Insofern ist es nur folgerichtig, dass der Bezirk Pankow seine Bür­ge­r*in­nen noch bis zum Ende des Monats dazu einlädt, Standorte für zahlreiche Parkbänke von Prenzlauer Berg bis Buch vorzuschlagen, die er dort noch in diesem Jahr neu anschaffen und aufstellen möchte. Bis jetzt, so informiert der Bezirk, wurden mehr als 70 Vorschläge gemacht – und da die Vorschlagenden angehalten sind, die örtlichen Notwendigkeiten so genau wie möglich zu umreißen, lassen sich interessante Milieustudien an diesen Empfehlungen betreiben.

So lässt sich nach erster Sichtung grob sagen, dass innerhalb der Ringbahn und etwas darüber hinaus sich viele Menschen eher egoistisch wünschen, vor der eigenen Haustür, der Eisdiele ihres Vertrauens oder der Schule ihrer Kinder bequemer verweilen zu dürfen. Darüber hinaus finden sich aber auch Vorschläge für Bänke auf dem Grünstreifen mit den Tramgleisen auf der Greifswalder Straße, der seit 20 Jahren irgendwie lieblos wirkt zum Beispiel.

Je weiter man aber rauskommt aus der Stadt, also dorthin, wo bei der Wiederholungswahl im Februar auch in Pankow sehr viele Menschen konservativ wählten, desto öfter gibt es gemeinnützige Parkbankwünsche in öffentlichen Grünanlagen, entlang von Fahrradwegen oder in Naturschutzgebieten. Die Schönholzer Heide beispielsweise, so beschwert sich ein*e Anwohner*in, sei praktisch parkbankfrei und ergo nicht begehbar für Menschen, die aus welchem Grund auch immer nicht lange durchhalten. An den wunderschönen Karower Teichen, einem der besten Orte für Vogelbeobachtungen in Berlin, steht noch keine Bank. Und am Faulen See, wo inzwischen auch wieder fleißig gebrütet wird, auch nicht.

Wer in dieser alternden Gesellschaft mal versucht hat, mit ei­ne*r Acht­zig­jäh­ri­ge*n spazieren zu gehen, der weiß: Eine Gegend kann noch so schön sein. Ohne Parkbank funktioniert sie in diesem Fall einfach nicht mehr.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • ein thema, daß wenig geschätzt wird, aber für uns ältere eben wichtig ist.



    bei uns in HH-eimsbüttel wurden bei einer parkrenovierung am isekanal mal eben so an die 12 parkbänke auf ca. 2 km länge "eingespart". unter anderem mindestens 3, wo sich nach ansicht betuchterer bürgerInnen gerne alkis + obdachlose aufhalten.

    das ändert nichts an deren situation, sie suchen sich dann eben eine neue parkbank aus, die sich in der nähe von einkaufsmöglichkeiten befindet.

    besonders schade: es waren bänke mit langer sonnenschein-dauer, die auch gerne von anglerInnen genutzt wurden.

    einstück lebensqualität - perdu.