Paris reizt im Glyphosat-Streit: Agrarlobby gegen Verbot
Frankreich will prüfen, wie das Pestizid ersetzt werden kann – auch wenn die EU das Mittel weiter zulässt. Das gibt Streit mit den Bauern.
Die Zulassung für Glyphosat läuft Ende des Jahres aus. Das Pestizid ist hoch umstritten: Während das Internationale Krebsforschungszentrum die Chemikalie als „wahrscheinlich“ krebserregend einstuft, hält die EU-Chemieagentur ECHA ein solches Risiko für „unwahrscheinlich“. Die EU-Kommission will die Zulassung um zehn Jahre verlängern. Die französische Regierung hatte bereits im Juli angekündigt, sich dagegen zu stemmen.
Maßgeblich beteiligt an diesem Entschluss war der neue Klima- und Umweltminister Nicolas Hulot. Der prominente ehemalige Umwelt-Fernsehjournalist sagte erst kürzlich, dass ein weiteres Abwarten in Sachen Glyphosat angesichts der Gefahren geradezu kriminell wäre. „Wir werden uns vor der Justiz und der Geschichte verantworten müssen“, sagte er zu den Argumenten der Landwirte, die geltend machen, für eine Umstellung auf kostengünstige Alternativprodukte mehr Zeit zu brauchen.
Persönlich teilte er am Freitag erst ein paar Hundert auf der Avenue des Champs-Élysées demonstrierenden Landwirten mit, dass das notwendige Verbot nicht auf die lange Bank geschoben werden dürfe, nur weil es „kompliziert“ sei, sich umzustellen.
Die starke Agrarlobby in Frankreich pocht aber auch auf drohende Wettbewerbsnachteile. Falls nämlich die französischen Landwirte im Unterschied zu ihren europäischen Konkurrenten keine Unkrautvernichtungsmittel mit Glyphosat mehr einsetzen dürften, könnte sie das tatsächlich benachteiligen. Denn bisher können sie nicht auf ähnlich billige Produkte zurückgreifen.
Nicolas Hulot, Umweltminister
Die französischen Landwirte wollen jedenfalls nicht hinnehmen, dass Frankreich gegen die Verlängerung auf EU-Ebene stimmt. Es komme „gar nicht Frage, dass, wenn die EU ja sagt, Frankreich nein sagt“, erklärte die Präsidentin des Bauernverbands FNSEA, Christiane Lambert, am Montag.
Noch vor Ende des Jahres will Premierminister Edouard Philippe von seinem Landwirtschaftsminister einen Aktionsplan mit Vorschlägen sehen, womit Glyphosat-Produkte wie das von Monsanto produzierte „Roundup“ in der Landwirtschaft bis 2022 ersetzt werden können. Für Skeptiker sieht dieses Vorgehen verdächtig nach einem Hintertürchen aus, das es erlauben könnte, den Termin mit Vorwänden hinauszuschieben – ähnlich wie bei der mehrfach versprochenen Stilllegung der ältesten AKWs.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Münchner Sicherheitskonferenz
Selenskyjs letzter Strohhalm