: Panzerschlacht in der Koalition
■ Leopard-Lieferung an die Türkei beschäftigt heute Koalitionsrunde: Grüne in Rage, SPD schlägt zurück
Berlin (taz) – Heftige Auseinandersetzungen wird es heute Abend in der Koalitionsrunde geben. Führende Grünen-Politiker haben am Wochenende deutlich gemacht, dass die Lieferung eines Leopard-II-Testpanzers an die Türkei zu einer massiven Belastung für das Regierungsbündnis werden kann. Außenminister Fischer lehnte das Geschäft erneut ab. „Wir wollen die Türkei mittels Verbesserungen an die EU heranführen. Dazu wird man schwerlich Panzerlieferungen zählen können“, sagte er dem Tagesspiegel.
Dagegen sprach sich Verteidigungsminister Scharping (SPD) erneut für die Lieferung aus: „Man kann nicht auf der einen Seite die Türkei als einen Nato-Partner von strategischer Bedeutung ansehen und sie in die Runde der Beitrittskandidaten der Europäischen Union aufnehmen, wenn man auf der anderen Seite mit der Türkei nicht kooperiert.“ Laut Berliner Morgenpost wirft das Verteidigungsministerium in einem internen Papier den Grünen vor, sie gefährdeten mit einer Blockade von Rüstungsgeschäften auch zivile Exporte.
Die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Angelika Beer, sieht zwar die Koalition nicht in Gefahr. Aber, so sagte sie der taz: „Es geht nicht, dass die SPD mit ihrer Mehrheit grüne Grundsätze überstimmt.“ Sie hofft, dass die SPD auf die Grünen zukommt, wenn jetzt in einer Arbeitsgruppe die „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ erneut diskutiert werden. Ursprünglich sollten die Richtlinien, in denen nach Meinung der Grünen Menschenrechtsfragen zu wenig berücksichtigt sind, am Mittwoch im Kabinett beschlossen werden.
Die grüne Kritik teilt Jürgen Grässlin, prominenter Rüstungskritiker und Sprecher der Kritischen Aktionäre DaimlerChrysler. Er schloss gegenüber der taz nicht aus, die Bundesregierung wegen Beihilfe zum Völkermord zu verklagen, wenn die „Politischen Grundsätze“ in der jetzt bekannten Form verabschiedet werden. Karin Nink
Interview Seite 6
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