Pannen bei Berlinwahl: Superchaos am Berliner Superwahltag

Nach Unregelmäßigkeiten und Pannen drohen Neuwahlen in einigen Wahlbezirken Berlins. Wahl­be­ob­ach­te­r der OSZE haben vom Chaos Notiz genommen.

Viele Hände greifen nach Wahlzetteln

Da müssta wohl nochma ran, wa Foto: Sebastian Gollnow/dpa

BERLIN taz | Es wird noch eine Weile dauern, bis der in Teilen chaotische Wahltag von Berlin annähernd aufgeklärt ist. Angesichts einer Vielzahl an Unregelmäßigkeiten scheint es möglich, dass in einigen Stimmbezirken die Wahl wiederholt werden muss. Menschen hatten vor einigen Berliner Wahllokalen teilweise stundenlang gewartet, es fehlten Stimmzettel oder es lagen falsche vor, Wahl­hel­fe­r*in­nen berichteten von Chaos beim Auszählen. In manchen Wahllokalen wurde aufgrund zu spät angelieferter Stimmzettel auch weit nach 18 Uhr gewählt, als bereits Prognosen zum Wahlergebnis bekannt waren.

Derzeit prüft die Landeswahlleitung den Ablauf der Abstimmungen. Werden Fehler festgestellt, die sich auf die Zusammensetzung von Parlamenten auswirken, muss die Wahl in einzelnen Stimmbezirken wiederholt werden. Wäh­le­r*in­nen und Kan­di­da­t*in­nen können die Wahlen beim Bundestag oder vorm Berliner Verfassungsgericht anfechten. Mit einem Ergebnis der Prüfung wird frühestens nächste Woche gerechnet. Das endgültige Ergebnis der Wahl soll am 14. Oktober bekannt gegeben werden.

Insgesamt soll es laut einer Datenauswertung des RBB in 99 von 2.257 Wahlbezirken bei allen Wahlgängen des „Superwahltags“ zu einer ungewöhnlichen Häufung von ungültigen Stimmen gekommen sein – über 13.000. Gewählt wurden in Berlin neben dem Bundestag auch das Abgeordnetenhaus (AGH) und die Bezirksverordnetenversammlungen (BVV). Zudem fand der Volksentscheid über die Vergesellschaftung von großen privaten Wohnkonzernen statt.

Der Bezirkswahlleiter von Friedrichshain-Kreuzberg hat bereits angedeutet, dass dort möglicherweise in zwei Wahlkreisen falsche Erststimmenzettel für die Berlinwahl ausgegeben wurden. Aus anderen Bezirken gibt es ähnliche Berichte. Auch beim Volksentscheid gab es mit 85.000 (4,6 Prozent der Stimmen) überdurchschnittlich viele ungültige Stimmen. Einen Einfluss auf den Ausgang dürften die aber nicht haben, weil sich mit 56,4 Prozent genug Ber­li­ne­r*in­nen für Vergesellschaftungen ausgesprochen haben.

Bezirk meldet fiktive Ergebnisse

Am Mittwoch hat die ehrenamtliche Landeswahlleiterin Petra Michaelis bereits Konsequenzen gezogen und ist zurückgetreten, auch weil der Landeswahlleitung im ­Vorfeld Widrigkeiten bekannt waren: weniger Wahlkabinen aufgrund von Coronabeschränkungen, längere Verweildauer in Wahlkabinen bei bis zu fünf Wahlzetteln sowie der parallel stattfindende Berlin-Marathon samt umfangreicher Straßensperrungen.

Neue Zwischenstände und Nachrichten zu Unregelmäßigkeiten in mehreren von Berlins 2.257 Wahllokalen reißen indes nicht ab: Am Donnerstag wurde durch eine Auswertung des RBB bekannt, dass die Wahlleitung des Berliner Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf für 22 Wahlbezirke bei der BVV-Wahl nur Schätzungen statt ausgezählter Wahlergebnisse veröffentlicht hat. Demnach meldete der Bezirk in jedem der 22 Wahllokale 360 gültige und 40 ungültige Stimmen mit jeweils gleichen Ergebnissen: 88 Stimmen für die SPD, 87 für die CDU, 98 für die Grünen, 30 für die Linke, 18 für die AfD und 39 für die FDP.

Der Bezirkswahlleiter in Charlottenburg-Wilmersdorf, Felix Lauckner, erklärt die Schätzungen im RBB so: „Sofern in der Wahlnacht von einzelnen Wahlvorständen abschließend keine Ergebnisse gemeldet werden, ist in Einzelfällen eine händische oder maschinelle Schätzung auf Grundlage des bis dahin erfassten Gesamtergebnisses zulässig.“ Erlaubt sei dies allerdings nur, wenn, wie hier, keine Mandatsrelevanz ersichtlich sei. Das tatsächliche Ergebnis würde dann „nacherfasst“, so Lauckner.

Bereits am Dienstag meldeten OSZE-Wahlbeobachter*innen, dass sie Notiz von Unregelmäßigkeiten in Berlin genommen haben. Der in einem Monat anstehende OSZE-Bericht über den Wahlsonntag könnte peinlich werden.

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