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Pandemie mit SchneeWie Brot und Spiele

Kommentar von Stefan Alberti

Das Winteridyll mindert den Frust über den längeren Lockdown – die Frage ist: Wie lange hält diese Ablenkung vor?

Spaziergänger an der vereisten Spree am Haus der Kulturen der Welt in Berlin Foto: imago

M anchmal muss man auch mal Glück haben als Regierungschef. Wie wäre es gewesen, wenn Michael Müller sich bei vor wenig mehr als einer Woche noch in Berlin vorherrschedem Nieselwetter hätte hinstellen und erklären müssen, warum der vor Weihnachten verhängte und schon zweimal ausgedehnte Lockdown weitergeht? Erklären müssen, warum der Tunnel, an dessen Ende Licht sein soll, noch mal ein ganzes Stück länger wird. Denn schon bei der ersten Verlängerung Anfang Januar hatte Müller Verständnis für blank liegende Nerven gezeigt und zu einer nochmaligen Anstrengung aufgerufen.

Doch draußen ist es nicht länger gräulich, sondern weiß verschneit. Und pünktlich zur Coronaministerpräsidentenkonferenz mit der Bundeskanzlerin am Mittwoch setzte sich auch noch die Sonne an einen plötzlich blauen Himmel und machte aus dem erst grauen, dann weißen Berlin ein Winterwunderland.

Das ist ein Ambiente, das den Frust über den nochmals verlängerten Lockdown durchaus mindern kann. Wer mit seinem Einzelhandelsgeschäft vor dem Konkurs steht, dem wird das kaum helfen. Aber der Heimarbeiter, der jetzt seine durchaus mal nervigen Kinder raus in den Schnee schicken und sich auch selbst ein paar Sonnenstrahlen aufs Gesicht scheinen lassen kann, dürfte das dankbar annehmen. Umso mehr, weil die Winterferien in der Vorwoche ja ausgefallen sind.

Im antiken Rom hatte es Methode, die Massen der Großstadt, den Plebs mit freier Bewirtung und Unterhaltung in kriselnden Zeiten zu beruhigen. Panem et circenses, Brot und Spiel, hieß das. Schnee, Kälte und blauer Himmel üben dieselbe dämpfende Wirkung aus. Bloß mit dem Unterschied, dass auch ein moderner Regierungschef schönes Wetter nicht einfach bestellen kann – man muss eben auch mal Glück haben.

Für den 20. Februar zeigt die Wettervorschau schon wieder Tristesse an

Die Frage ist: Wie lange hält diese Ablenkung vor? Für den 20. Februar zeigt die Wettervorschau schon wieder Tristesse an, und mit der Zeit wird auch bei Kälte das schönste Weiß grau. Es war erst einmal der letzte Joker für die allgemeine Stimmung: Wenn die Zahlen auch Anfang März nicht im angestrebten Bereich sind, dürfte ein noch längerer Lockdown aller virologischen Expertise zum Trotz nur schwer zu vermitteln sein.

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Redakteur für Berliner Landespolitik
Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.
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