Pandemie-Schutz für Hamburgs Hausärzte: Coronapraxen kommen

Ärzt*innen wollen sich, ihre Mitarbeiter*innen und Patient*innen vor einer Corona-Infektion schützen. Ein neues Konzept soll das nun erleichtern

Ein Arztkittel und ein Mundschutz hängen an einem Haken

Reicht nicht als Schutz vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus: Arztkittel und Mundschutz Foto: Marijan Murat/dpa

HAMBURG taz | Die Schutzmasken, die sie beim Dachdeckerbedarf bestellt hat, sind angekommen. „Was knapp ist oder fehlt, sind Schutzkittel und -brillen“, sagt Jana Husemann. Die Ärztin ist Mitinhaberin einer hausärztlichen Gemeinschaftspraxis auf St. Pauli und im Vorstand des Hamburger Hausärzteverbands. Hausärzt*innen sind quasi die erste Linie der Versorgung kranker Menschen. Das gilt auch während der Coronapandemie, ist aber eine besondere Herausforderung. Denn Patient*innen sollen sich nicht in vollen Wartezimmern gegenseitig anstecken, ebenso müssen sich die Mitarbeiter*innen vor Ansteckung schützen.

In Husemanns Praxis müssen Patient*innen heute nun klingeln, bevor sie die Praxis betreten dürfen. Mittlerweile gibt es auch eine extra Infektsprechstunde für Menschen mit Erkältungsanzeichen. So sollen Patient*innen mit und ohne Infekte und möglicher Corona-Infektion voneinander getrennt werden. Ein System, das in Hamburg nun ausgebaut wird, wie die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KVH) gemeinsam mit der Gesundheitsbehörde am Montag bekannt gab.

Durch die Lockerung der Kontaktbeschränkungen sei damit zu rechnen, dass die Infektionszahlen wieder ansteigen, sagte der KVH-Vorsitzende Walter Plassmann. Sollte das passieren, sei damit zu rechnen, dass der Arztruf 116 117 den Mehrbedarf irgendwann nicht mehr decken kann.

Menschen, die keine*n Hausärzt*in haben oder deren Hausärzt*in keine Infektpatient*innen behandelt, können sich ab Mittwoch an die Hotline der KVH wenden (siehe Kasten). Dort erhalten sie einen Termin bei der nächstgelegenen Infektpraxis, wo die weitere Diagnostik und gegebenenfalls ein Corona-Abstrich stattfindet.

Zutritt nur mit Termin

Zehn solcher Praxen wird es über das Stadtgebiet verteilt geben – in Hausarzt- und Hals-Nasen-Ohren-Praxen. Bis zu 400 Menschen könnten dort pro Tag behandelt werden. Ein Ausbau der Kapazitäten sei bei Bedarf möglich, sagte Plassmann. Ohne Termin soll aber niemand in die Praxen gehen. Welche es sind, wird deshalb nicht veröffentlicht.

Bei Erkältungssymptomen sollen sich Patient*innen weiterhin telefonisch bei ihren Hausärzt*innen melden.

Wer keine*n Hausärzt*in hat, oder diese*r zur Zeit keine Infektpatient*innen behandelt, wählt die Hotline 040-22802930.

Über die Hotline wird bei Bedarf ein Termin in einer der zehn Infektpraxen vereinbart.

Für Patient*innen in Quarantäne gibt es Covid-Sprechstunden bei Fachärzt*innen. Auch diese Termine werden ausschließlich über die Hotline vergeben.

Der Arztruf 116 117 ist für immobile Menschen oder solche mit stärkeren Symptomen erreichbar. Er fährt auch zu allen positiv Getesteten, die eine*n Ärzt*in brauchen.

Ebenso wenig wie die Namen der Fachärzt*innen, die demnächst Covid-19-Sprechstunden für Menschen in Quarantäne anbieten. Auch hier vermittelt die Hotline einen Termin, falls die Hausärzt*in oder die Ärzt*innen des Arztrufs feststellen, dass dies nötig ist, beispielsweise bei einer Frau mit Covid-19-Infektion oder -Verdacht, die eine gynäkologische Behandlung benötigt.

Die neu geschaffene Struktur schütze die ambulanten Versorgungswege, sagte Plassmann. Genau das ist auch Hausärztin Husemann wichtig, denn sie möchte auch in Zukunft weiterhin ihre Patient*innen ohne Corona-Infektion betreuen können, beispielsweise jene mit chronischen Erkrankungen. Die würden sich gerade weniger in die Praxis trauen oder deutlich später kommen als sonst, auch aus Angst, sich anzustecken.

„In einer idealen Welt würden auch die Patienten mit Infekten natürlich von ihrer Hausärztin weiter behandelt werden, die sie kennt und den Zustand deswegen am besten beurteilen kann“, sagt Husemann zur Einrichtung der neuen Infektpraxen. In der Realität mit zu wenig Schutzausrüstung oder Praxen, die keine räumliche Trennung der Patient*innen gewährleisten können, sei das Konzept aber sinnvoll.

Plassmann sagte, das Vorgehen in Hamburg sei für die Stadt der richtige Weg. In Bundesländern mit mehr Fläche sei eventuell ein anderes Prozedere wie etwa mit Testzentren sinnvoll. Die Krankenkassen haben die Finanzierung des Konzepts, für das die Infektpraxen ihren Normalbetrieb herunterfahren, jedoch verweigert. „Ein trauriges Signal“, sagte Plassmann. Man suche nun nach Finanzierungswegen.

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