Palästinensische Autorin Shibli: Preisverleihung verschoben
Auf der Frankfurter Buchmesse sollte die palästinensische Autorin Adania Shibli mit einem Preis ausgezeichnet werden. Nach Protesten wird das jetzt verschoben.
Ihr Roman „Eine Nebensache“ war von der Kritik hoch gelobt, aber auch wegen angeblich antisemitischer Klischees kritisiert worden. Der WDR-Journalist Ulrich Noller hatte in diesem Sommer im Zusammenhang mit der geplanten Auszeichnung die Weltempfänger-Jury verlassen. In der taz stellte der Literaturkritiker Carsten Otte die Preisverleihung zur Debatte: „In diesem Kurzroman sind alle Israelis anonyme Vergewaltiger und Killer, die Palästinenser hingegen Opfer von vergifteten bzw. schießwütigen Besatzern.“
Der Buchmessen-Direktor Juergen Boos sagte dazu: „Die Preisträgerin wird von einer unabhängigen Jury ausgewählt. Litprom ist der durchführende Veranstalter und vollständig für die inhaltliche Ausrichtung der Preisvergabe verantwortlich. Angesichts des Terrors gegen Israel sucht Litprom nach einem geeigneten Rahmen der Veranstaltung zu einem Zeitpunkt nach der Buchmesse.“
Shiblis Roman behandelt eine Massenvergewaltigung und die Tötung einer jungen Beduinin durch israelische Soldaten im Jahr 1949. Das Buch war bereits für den amerikanischen National Book Award sowie für den International Booker-Prize nominiert. Der Roman ist laut seinem Verlag „eine eindringliche Meditation über Krieg, Gewalt und die Frage nach Gerechtigkeit im Erzählen“.
Die Schriftstellervereinigung PEN Berlin nahm Shiblis Roman in Schutz. „Kein Buch wird anders, besser, schlechter oder gefährlicher, weil sich die Nachrichtenlage ändert“, teilte die österreichische Schriftstellerin und PEN-Berlin-Sprecherin Eva Menasse am Freitag mit. „Entweder ist ein Buch preiswürdig oder nicht. Die schon vor Wochen getroffene Entscheidung der Jury für Shibli war nach meinem Dafürhalten eine sehr gute. Ihr den Preis zu entziehen, wäre politisch wie literarisch grundfalsch.“
Auch sonst haben die aktuellen Ereignisse im Nahen Osten Auswirkungen auf die Messe. „Wir verurteilen den barbarischen Terror der Hamas gegen Israel aufs Schärfste“, kommentierte Boos die aktuellen Ereignisse im Nahen Osten. „Der Terror gegen Israel widerspricht allen Werten der Frankfurter Buchmesse.“ Die Messe stehe „mit voller Solidarität an der Seite Israels“. Die Buchmesse wolle daher „jüdische und israelische Stimmen auf der Buchmesse nun besonders sichtbar machen“. Zum Beispiel werde die in Tel Aviv und Berlin lebende Autorin und Friedensaktivistin Lizzie Doron bei der Literaturgala am Samstag auf das aktuelle Geschehen in Israel Bezug nehmen.
„Wir haben uns zudem spontan entschlossen, zusätzliche Bühnenmomente für israelische Stimmen zu schaffen“, kündigte Boos an. Aufgrund der Reisebeschränkungen mussten allerdings auch Veranstaltungen abgesagt werden, etwa zwei Konzerte mit israelischen Sängerinnen.
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