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Pakistans Islamisten spalten sichMehsud-Stämme verlassen die Taliban

Machtkämpfe und Stammesrivalitäten führen zur Spaltung der pakistanischen Taliban. Ihr umstrittener Führer Mullah Fazlullah ist geschwächt.

Seit dem Tod ihres charismatischen Führers Hakimullah Mehsud (links in einem Propagandavideo) im November 2013 schwelt ein Kampf um die Führung der pakistanischen Taliban. Bild: reuters

BERLIN taz | Die wichtigste Gruppe der pakistanischen Taliban (TTP) hat am Mittwoch die islamistische Rebellenbewegung verlassen und ihrem umstrittenen Führer Mullah Fazlullah die Gefolgschaft aufgekündigt. „Wir verkünden, dass wir uns von Tehrik-i-Taliban lossagen. Wir haben Khalid Mehsud als unseren Führer für Süd-Waziristan bestimmt“, sagte der Sprecher der abtrünnigen Mehsud-Stämme Azam Tariq am Samstag vor Journalisten im autonomen Stammesgebiet an der Nordwestgrenze zu Afghanistan.

Tariq warf Fazlullahs TTP-Führung eine „Verschwörung“ sowie „kriminelle Aktivitäten“ wie Bombenanschläge auf öffentliche Plätze, Erpressungen und Morde von Geistlichen vor. Das sei „haram“ (verboten).

Die pakistanischen Taliban führen seit Februar indirekte Gespräche mit der konservativen Regierung. Diese gerieten seit Beendigung einer Waffenruhe seitens der TTP Anfang April ins Stocken und wurden seitdem von militärischen Eskalationen abgelöst, aber formal nicht beendet.

Der Führer der Abtrünnigen, Khalid Mehsud, ist einer der Führer der zwölf Mehsud-Stämme. Sie stellen die größte Gruppe innerhalb der TTP, die 2007 von Baitullah Mehsud gegründet wurden. Als er 2009 von einer US-Drohne getötet wurde, übernahm sein radikalerer Stammesbruder Hakimullah Mehsud die Führung.

Umstrittene Nachfrolgeregelung

Hakimullah Mehsud gilt als Mastermind eines Anschlags auf eine CIA-Basis 2010 in Afghanistan, wurde aber selbst am 1. November 2013 von einer US-Drohne getötet. Als Nachfolger setzte sich der aus dem Swat-Tal stammende und nach Afghanistan geflohene Fazlullah gegen Khalid Mehsud durch. Selbst der afghanische Taliban-Chef Mullah Omar soll dabei vermittel haben, um einen offenen Ausbruch des Machtkampfes zu verhindern.

Fazlullah hatte 2012 die Ermordung der Bildungsaktivistin Malala Yousafzai angeordnet, die schwer verletzt überlebte. Mit ihm führt erstmals ein Nicht-Mehsud die TTP.

Fazlullah ist eigentlich gegen Friedensgespräche mit der Regierung, während die Mehsud kriegsmüde sind. Sie stellen die meisten Kämpfer und leiden am stärksten unter Krieg und Drohnenangriffen. Zu Zehntausenden sind sie aus den Stammesgebieten geflohen.

Fazlullah setzte im April einen stammesinternen Rivalen von Khalid Mehsud als TTP-Chef in Süd-Waziristan ein. Das führte zu internen Kämpfen mit bis zu 100 Toten. Der Streit reicht bis in die Hafen- und Geschäftsmetropole Karachie, wo die Taliban Unterstützungsgelder eintreigen, über deren Kontrolle es offenbar ebenfalls Streit gibt.

Spaltung als Gesprächsziel

Unklar ist, wie sich die Spaltung der TTP auf die Friedensgespräche auswirkt. Für manche waren die eher halbherzigen Gespräche ohnehin nur ein Versuch, die TTP zu spalten. Doch könnte der TTP-Machtkampf auch zunächst zu einer militärischen Eskalation führen.

Zudem reflektiert die Spaltung unterschiedliche Interessen in der Region akitver Geheimdienste. So werden Fazlullah gute Kontakte zum afghanischen NDS nachgesagt. Denn der nutzt ihn, um Druck auf Islamabad machen. Umgekehrt steht die abtrünnige Fraktion dem pakistanischen ISI näher, der einen stärkeren TTP-Fokus auf Afghanistan favorisiert. Denn solange sich Pakistans Islamisten auf Afghanistan konzentrierten, waren sie dem ISA als außenpolitischer Arm stets willkommen.

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