PREISVERFALL BEIM ROHKAFFEE – KLEINBAUERN BRAUCHEN ALTERNATIVEN: Das doppelte Spiel des Nordens
Seit einigen Jahren wird der Weltmarkt mit Kaffee überschwemmt. Vor allem in Brasilien und Vietnam wurde die Produktion extrem ausgeweitet –auch mit Hilfe deutscher Entwicklungshilfe und Weltbankgeldern. Doch die Konsumenten trinken heute kaum mehr Kaffee als früher. Die Folge ist ein extremer Verfall der Rohkaffeepreise, der mittlerweile vielerorts nicht einmal mehr die Herstellungskosten deckt. Die Menschen nehmen ihre Kinder von den Schulen, weil sie die Kosten dafür nicht mehr aufbringen können; in mehreren Ländern hungern die Kaffeebauern sogar.
Nur eine deutliche Verknappung des Angebots kann Abhilfe schaffen. Dafür müssen die Flächen, auf denen heute Kaffeepflanzen angebaut werden, eingeschränkt und Alternativen für die Kaffeebauern gefunden werden. Doch für die Bauern aus den armen Ländern lohnt sich der Anbau von Grundnahrungsmitteln nicht: Die USA und die EU subventionieren ihre Landwirte, so dass sie auf dem Weltmarkt weitaus besser dastehen als die Bauern aus ärmeren Ländern, die keine staatliche Förderung erhalten. Zudem müssten die Länder des Nordens endlich bereit sein, ihre Märkte auch für solche landwirtschaftlichen Produkte zu öffen, die sie selbst anbauen. Bisher schotten die USA beispielsweise ihren Markt gegen ausländische Erdnüsse ab.
Doch auch eine vollständige Liberalisierung der Agrarmärkte würde nicht dazu führen, der Landbevölkerung ein auskömmliches Leben zu sichern. Denn selbst ohne Subventionen können manche Lebensmittel in den Industrieländern billiger produziert werden; der Einsatz riesiger Maschinen auf kilometerbreiten Feldern macht’s möglich.
Um die Lage der Bauern in den armen Ländern zu verbessern, müssten sie die im Inland benötigten Lebensmittel selbst erzeugen können. Auf der Konferenz zum Freihandel haben die armen Länder eine solche „Ernährungssouveränität“ bereits gefordert. Liberalisierung und Protektionismus müssen in ein neues Verhältnis gesetzt werden, das allen Bauern weltweit das Überleben ermöglicht. ANNETTE JENSEN
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