: PKK-Proteste werden friedlicher
■ PKK-Führung ruft zu Krieg in der Türkei auf, lehnt aber bewaffnete Aktionen in Europa ab. Zehntausende Kurden protestieren. Premier Ecevit fordert PKK-Anhänger zur Aufgabe auf
Berlin (dpa/taz) – In ganz Europa demonstrierten am Wochenende erneut Zehntausende PKK- Anhänger gegen die Festnahme von Abdullah Öcalan. Nach der Verhaftung ihres Chefs hat die Arbeiterpartei Kurdistans eine Verschärfung des „Krieges in der Türkei“ angekündigt. In Europa sollten aber „keinerlei bewaffnete Aktionen stattfinden“, hieß es in einer Erklärung des PKK-Führungsgremiums. Alle Aktionen sollten auf die Kurdenproblematik aufmerksam machen und für Sympathie werben.
In zahlreichen europäischen Städten demonstrierten am Samstag wieder Zehntausende Kurden. In Deutschland setzten sich mehr als 15.000 Kurden trotz Demonstrationsverboten in mehreren Städten, darunter in Bonn, Bielefeld und Stuttgart, friedlich für eine Freilassung des in der Türkei inhaftierten Chefs der kurdischen Separatistenorganisation PKK ein. Auch in Paris, Rom, Amsterdam, Straßburg und Wien kam es zu Protesten. Allein in Genf gingen 12.000 Kurden auf die Straße.
In Basel wurde in der Nacht zum Sonntag ein Brandanschlag auf ein türkisches Geschäft verübt. Ein Kleidergeschäft wurde völlig zerstört. Die Polizei nahm drei mutmaßliche Täterinnen fest.
In Istanbul wurden bei Protesten fünf Polizisten durch Schüsse von PKK-Anhängern verletzt. Die Polizei nahm 380 Demonstranten fest. Der türkische Regierungschef Bülent Ecevit forderte die PKK- Kämpfer zur Aufgabe ihres Kampfes auf und stellte Strafmilderungen für abtrünnige Mitglieder in Aussicht. Er bezeichnete den Versuch ausländischer Regierungen, Einfluß auf das Verfahren gegen Öcalan zu nehmen, als „unannehmbar“. Der außenpolitische Berater von Bundeskanzler Schröder, Steiner, sagte dem Tagesspiegel, ein unfaires Verfahren gegen Öcalan werde „den Weg der Türkei in die EU erschweren“. Bonn lehne die Verhängung der Todesstrafe ab und fordere „unabhängige, ausländische Prozeßbeobachter“. Nach Angaben ihres Botschafters in Frankreich will die Türkei aber „ausreichend legitimierte Beobachter“ im Prozeß gegen Öcalan zulassen. Der Prozeß soll nach Presseberichten um den 10. April herum beginnen. Im Mai sei dann ein Urteil zu erwarten.
Unterdessen haben türkische Kampfflugzeuge erneut Stellungen der PKK im Nordirak angegriffen. Am Vortag war vom türkischen Generalstab der teilweise Rückzug der türkischen Truppen aus dem Norden des Nachbarlandes angekündigt worden.
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