Oxfam-Report zu Steuererleichterungen: Europa, deine Oasen
Mit dem Geld könnte man sechs Millionen Kinder retten: Ein Bericht zeigt, dass sich Staaten wieder vermehrt bei Steuersätzen für Unternehmen unterbieten.
Platz eins und zwei gehen an die britischen Überseegebiete Bermudas und Cayman Islands, gefolgt von einem Europa-Block: den Niederlanden (Platz 3), der Schweiz (4), Irland (6), Luxemburg (7), Platz 10 geht an das EU-Land Zypern. Dazu kommen Curaçao (Platz 8, Niederlande), Bahamas, Jersey, Barbados, British Virgin Islands (11, 12, 14, 15, alles britische Überseegebiete). Lediglich Mauritius (13), Hongkong (9) und Singapur (5) scheren aus dem Europa-Block aus.
Der Bericht verdeutlicht eines der größten Probleme im Kampf gegen Steuerdumping: Zwar wollen die G-20-Staaten die Oasen durch diverse Initiativen austrocknen. Allerdings sitzen in dem Gremium eben auch die Länder, die das Problem verursachen.
Allein Entwicklungsländer nehmen durch Steueroasen laut der UN-Organisation Unctad mindestens 100 Milliarden US-Dollar weniger an Steuern ein als möglich wäre. Oxfam zitiert die Zahl und rechnet sie in Kinderleben um. Sechs Millionen pro Jahr ließen sich mit dem Geld retten, schreibt Oxfam: Laut einer im Fachmagazin The Lancet veröffentlichten Studie fehlen dazu weltweit 32 Milliarden Dollar im Jahr in den Gesundheitssystemen.
Detailliert nach Ländern aufschlüsseln
Was Oxfam nicht erwähnt: Die UNCTAD listet auch auf, dass multinationale Konzerne 725 Milliarden Dollar an Steuern in Entwicklungsländer zahlen (siehe Seite 185 dieses Reports). „Einfach nur mehr Steuereinnahmen lösen die Probleme in den Entwicklungsländern natürlich nicht“, sagt ein Sprecher von Oxfam Deutschland. „Es ist aber Realität, dass das Geld ganz konkret fehlt“, ergänzt er.
Die Steuerausfälle beziehen sich auch nur auf die Entwicklungsländer. In den Industrieländern gibt es derzeit einen beunruhigenden Trend: Die Konkurrenz zwischen Staaten um niedrigste Steuersätze nimmt wieder zu – was weltweit im Schnitt zu sinkenden Einnahmen für die Staaten führt.
Dennoch wäre es zu einfach zu sagen, es passiere nichts. Die wohl bedeutendste Initiative derzeit ist die von OECD und G 20 mit dem englischen Begriff „Base Erosion and Profit Shifting“. Sie soll verhindern, dass Konzerne ihre Gewinne geschickt in Länder mit niedrigen oder gar keinen Steuern verlagern. Dazu sollen Konzerne künftig ihre Umsätze und Gewinne detailliert nach Ländern aufschlüsseln müssen.
Deutschland kommt gut weg
Die Regeln zur Umsetzung sind aber oft lasch und voller Ausnahmen, die Unternehmen können sie leicht umgehen. So schreibt Oxfam von einem besonders absurden Beispiel: Die Steuerbehörden der Bermudas und der Cayman Islands müssen neuerdings beweisen, dass die Umsätze von Briefkastenfirmen auf ihren Territorien nicht komplett virtuell sind. So muss es auch dort echte Menschen geben, die echte Umsätze generieren. Der Witz dabei: Oft reicht genau ein Mitarbeiter aus und schon können Konzerne ihre Gewinne steuerfrei überweisen.
Und selbst wenn Steueroasen ausgetrocknet werden, müssen die Konzerne ihre Milliardengewinne irgendwo verbuchen. Der Druck, das in Industrieländern zu tun, wird höher und damit auch der Anreiz dieser Länder, das Geld mit niedrigen Steuersätzen zu sich zu locken. Genau das geschieht momentan. Laut Oxfam ist 2016 das Jahr des Steuerdumpings. Belgien, Großbritannien, die Niederlande, die Schweiz, Irland und Luxemburg senkten ihre Steuersätze auf Unternehmen.
Deutschland kommt in dem Bericht übrigens relativ gut weg. Die Bundesregierung, die jetzt die G-20-Präsidentschaft innehat, müsse ebendiese nutzen, um Steuerdumping zu bekämpfen, fordert Oxfam.
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