piwik no script img

■ Osttimor: Auch die rot-grüne Regierung ist inkonsequentIm Westen nichts Neues

Während in Osttimor die Milizen und das Militär wüten, lassen die Reaktionen der deutschen Bundesregierung auf sich warten. Außenminister Fischer hat mit seinem indonesischen Amtskollegen Ali Alatas telefoniert, zwecks Schadensbegrenzung. Doch das kommt zu spät.

Denn die Bundesregierung kann sich nicht darauf berufen, von den Gewalttaten des indonesischen Militärs in Osttimor nichts gewusst zu haben. Seit 24 Jahren machen Menschenrechtsorganisationen und Kirchen auf das Morden an der osttimoresischen Bevölkerung in aller Deutlichkeit aufmerksam. Ihre Appelle, die Menschenrechte in den Vordergrund der Außenpolitik zu stellen, liegen auf dem Tisch, zugänglich für jeden, der Augen hat zu sehen und Ohren hat zu hören. Doch die Prioritäten liegen woanders: Wirtschaftsinteressen, Männerfreundschaften (bitte nicht angeln, Herr Fischer!), stabile politische Beziehungen zu dem wichtigen Asean-Partner. Geflissentlich wurden die politische Rolle und die Macht des Militärs bewusst schöngeredet.

Das indonesische Militär lässt nicht erst jetzt seine Maske fallen. Doch das hat seit drei Jahrzehnten den deutsch-indonesischen Beziehungen keinen Abbruch getan. Die neue Bundesregierung ist mit dem Anspruch einer menschenrechtlich orientierten und einer konfliktvorbeugenden Außenpolitik angetreten. Doch sie führt in schöner Kontinuität die Politik der alten Regierung fort. Und was sind die Ergebnisse dieser Politik?

Die UN-Mission in Osttimor geriet zu einer menschlichen und politischen Tragödie, weil sie von den Mitgliedsstaaten nicht bereits im Vorfeld ausreichend gestützt wurde. Diese Politik ist wortwörtlich tödlich. Sie hat nicht nur die Glaubwürdigkeit der UNO und damit der Weltgemeinschaft untergraben. Ihre aktuellen Opfer sind die Menschen in Osttimor. Voller Hoffnung auf den Schutz der UNO sind sie zur Wahlurne gegangen und werden nun abgeschlachtet.

Schluss mit den Erwartungen, Rot-Grün wird's schon richten! Die BürgerInnen unserer funktionierenden Zivilgesellschaft müssen diese Regierung, wie alle anderen zuvor, unter Druck setzen. Die Zeit drängt. Noch können Menschen in Osttimor gerettet werden. Ein Telefonat reicht nicht. Wir brauchen diplomatische Vertretungen vor Ort für die Menschen und keinen deutschen Botschafter in Jakarta, der sich als Freund und Golfpartner der dort Mächtigen versteht. Dringend nötig ist ein sofortiger Stopp aller militärischen Zusammenarbeit. Alle internationalen und nationalen Zuwendungen, die ohnehin in die Taschen korrupter Politiker und Militärs fließen, müssen sofort eingefroren werden. Die deutsch-indonesischen Beziehungen sind vielfältig und haben eine lange Tradition. Gerade darin liegt die Chance und die Verpflichtung. Gerade für eine Regierung, die Moral auf ihre Fahnen schreibt.

Marianne Klute

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen