Ostermärsche 2017: Zwischen Atommüll und Abschiebung
Aufrüstung, Krieg und Atomenergie: Die Friedensbewegung marschiert dieses Jahr gegen vieles. Manche Aktionen stechen besonders heraus.
Unter dem Thema „Fluchtursache Krieg bekämpfen“ sind vor allem in Großstädten wie Berlin, Hamburg, Frankfurt, München und Stuttgart Aktionen geplant, teilte das Ostermarschbüro in Frankfurt mit. Aber auch kleine Städte haben zu Veranstaltungen aufgerufen – gegen die Probleme, vor der eigenen Haustür.
So eröffnet das westfälische Gronau das Protestwochenende am Freitag mit einer Auftaktveranstaltung an der Urananreicherungsanlage Gronau. Von dort beliefert der UAA-Betreiber Urenco ein Drittel des Weltmarktes mit angereichertem Uran, „darunter den belgischen AKW-Betreiber Electrabel und die ukrainische Atomindustrie im Kriegsgebiet“, teilt das Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen mit. Ein Problem sehe das Bündnis speziell darin, dass zivile und militärische Nutzungen von Uran sich nicht trennen ließen. Deshalb fordert es ein Verbot der Urananreicherung und Zentrifugenfoschung, da sonst kein Atomausstieg gelinge.
Beim Ostermarsch nach Jagel, Schleswig-Holstein, am Karfreitag protestiert die Friedensbewegung hingegen gegen den militärischen Einsatz von Drohnen und Tornados. Der Fliegerhorst Jagel bildet deutschlandweit einen von bisher zwei Standorten für hochtechnologische Aufrüstung der Bundeswehr für Kriegseinsätze. Zwischen 13 und 14 Uhr ist eine Mahnwache vor dem Fliegerhorst geplant.
Säbelrasseln auf der Ostsee
Im thüringischen Ohrdruf nehmen die Veranstalter des Ostermarsches die Aufrüstung des dortigen Truppenübungsplatzes der Bundeswehr um 8 Millionen Euro zum Anlass der Proteste. „Aus der nahe gelegenen Friedenssteinkaserne in Gotha werden Soldaten nach Afghanistan und Mali geschickt“, kritisiert das Bündnis. Der Protestzug zum Truppenübungsplatz startet am Samstag um 10 Uhr.
Besorgt beobachten die Veranstalter der Ostermärsche in Kiel und Bremerhaven die Entwicklungen der Ost- und Nordseeregion. Unter den Titeln „Die Ostsee muss ein Meer des Friedens sein!“ und „Nein zum Säbelrasseln! – Truppenverlegung stoppen!“ rufen sie zum Protest gegen NATO-Manöver in Ost- und Nordsee auf. „Die NATO rückt immer näher an die russische Grenze und trägt zu einer möglichen Eskalation bei“, warnt das Kieler Friedensforum. Und auch in Bremerhaven beschwert sich die Initiative Mut zum Frieden: „Die Häfen Bremerhavens und Nordenhams werden seit Jahrzehnten für den Umschlag von Kriegsgerät aller Art missbraucht.“ Die Proteste beginnen jeweils am Samstag um 11 Uhr.
Eine prominente Rednerin wird am Ostermontag beim Marsch in Frankfurt a. M. erwartet. Ab 13 Uhr wird die hessische Landtagsabgeordnete und ehemalige Vorsitzende des SPD-Landesverbands, Andrea Ypsilanti, mit Vertretern der Linken, des Women's March on Washington und des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Thema „Die Waffen nieder!“ sprechen.
Die Veranstalter der Leipziger Ostermärsche haben einen anderen Schwerpunkt gewählt: sie protestieren gegen die Abschiebung von Geflüchteten. Nach Märschen durch die Innenstadt geht es am Samstag ab 13 Uhr mit dem Rad zum „Kriegsflughafen Leipzig/Halle“, kündigte der Friedensweg Leipzig an. Dort werden, neben Versorgungsflügen für die Bundeswehr, auch Abschiebungen durchgeführt.
Einen internationalen Abschluss finden die Osterdemonstrationen am Montag ab 11.30 Uhr am Bodensee. Unter dem Motto „Von der Kriegslogik zu einer Friedenskultur“ startet der Internationaler Bodensee-Friedensweg in Friedrichshafen. Bei der Abschlusskundgebung wird Andreas Zumach, UNO-Korrespondent aus Genf, über die Herausforderungen bei der Entwicklung einer „Friedenskultur“ sprechen. Organisationen aus der Schweiz, Österreich und Deutschland werden daneben einen „Friedensmarkt“ mit Infoständen anbieten.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott