Ostdeutscher Autor gestorben: Erich Loest ist tot
„Nikolaikirche“ und „Durch die Erde ein Riss“ waren seine großen Werke. Der Schriftsteller Erich Loest ist im Alter von 87 Jahren gestorben.
LEIPZIG dpa | Der Schriftsteller Erich Loest ist tot. Wie die Polizei in Leipzig am Donnerstagabend bestätigte, stürzte der 87-Jährige am frühen Abend aus einem Fenster im zweiten Stock der Universitätsklinik. Den Ermittlungen zufolge handele es sich um Suizid, sagte ein Sprecher des Lagezentrums der Leipziger Polizeidirektion der Nachrichtenagentur dpa. Die Bild-Zeitung und die Leipziger Volkszeitung hatten zunächst über den Tod des Schriftstellers berichtet.
Loest gehörte zu den bedeutendsten Autoren Ostdeutschlands. In seinen Romanen und Erzählungen setzte er sich immer wieder mit der deutschen Teilung und der Wiedervereinigung auseinander – und gilt daher als ein Chronist deutsch-deutscher Geschichte.
Loest habe maßgeblich zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur beigetragen, hieß es im vergangenen Jahr, als Loest den Preis des Fördervereins der Stasiopfer-Gedenkstätte in Berlin-Hohenschönhausen erhielt. In Werken wie „Durch die Erde ein Riss“ oder „Nikolaikirche“ habe Loest vielen Menschen in ganz Deutschland ein realistisches Bild der DDR als menschenfeindliche Diktatur vermittelt.
Loest war schon länger schwer krank. Er habe nicht mehr die Kraft, einen Roman zu schreiben, sagte er zu seinem 85. Geburtstag im Februar 2011.
Vom Journalisten zum freien Schriftsteller
Loest wurde im sächsischen Mittweida geboren. 1946 absolvierte der Sohn eines Eisenwarenhändlers ein Volontariat bei der Leipziger Volkszeitung. Nach einer vernichtenden Kritik seines Roman-Debüts verlor er die Stelle – und wurde freier Schriftsteller. Allein zwischen 1965 und 1975 verfasste er elf Romane und 30 Erzählungen, teils unter Pseudonym, da er in der DDR noch verfemt war. Die Stasi hatte ihn lange im Visier.
Aus Protest gegen die Zensur seines Romans „Es geht seinen Gang oder Mühen in unserer Ebene“ (1978) trat der Autor 1979 aus dem Schriftstellerverband der DDR aus. Weil seine oppositionelle Haltung große Repressalien auslöste, siedelte er 1981 in die Bundesrepublik über. Nach dem Fall der Mauer kehrte Loest schnell in seine Wahlheimat Leipzig zurück – und mischte sich in der Stadt immer wieder in aktuelle Diskussionen ein.
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