Osnabrücker Sieg in Kiel: Mit einem Quäntchen Glück

Der Vfl Osnabrück gewinnt gegen Holstein-Kiel mit 0:1 – dank eines Treffers in letzter Minute.

Sogar ihre Kindertribüne haben die Osnabrücker nach ihm benannt: VFL-Trainer Joe Enochs. Foto: Frisco Gentsch (dpa)

KIEL taz | Joe Enochs und Osnabrück – das passt. Besser gesagt, der 44-Jährige ist ein Glücksfall sowohl für die Stadt, in der der US-Amerikaner eine Sportsbar betreibt, als auch für dessen traditionell klammen, aber stets ambitionierten Fußballklub VfL. Rekordspieler, Leiter des Nachwuchszentrums, U-19- und Interimscoach der ersten Mannschaft, seit dem 3. September 2015 Cheftrainer des Drittligisten – es gibt wenig, was Enochs bei den Lila-Weißen noch nicht gemacht hat. Sogar die Kindertribüne in der heimischen Osnatel-Arena trägt seinen Namen.

Von 23 Spielen dieser Saison hat Enochs erst drei verloren. Und dass der Mann mit seinem Team zur Not auch Duelle gewinnt, in denen es nun wahrlich keine drei Punkte verdient hätte, belegt das Beispiel vom vergangenen Sonnabend.

Dank eines Last-Minute-Treffers von Addi Waku Menga (90.+1) triumphierte der VfL beim norddeutschen Rivalen Holstein Kiel, dem 44. Gastspiel für die Niedersachsen in Kiel seit 1947. Vergessen das Chancenplus von 8:3 für die Gastgeber, die am Ende der vergangenen Saison im Relegationsdrama bei München 1860 nur knapp die Erfüllung des 34 Jahre währenden Traumes vom Zweitliga-Aufstieg verpasst hatten.

Das berühmte Quäntchen Glück habe seine offensiv lange harmlose Mannschaft sicher gehabt, sagte Enochs nach dem Spiel – der untaugliche Schiedrichter Justus Zorn hatte an diesem eiskalten 13. Februar 2016 den Kielern die Anerkennung eines korrekten Treffers verweigert und ein klares Elfmeterfoul im VfL-Strafraum übersehen. Schämen allerdings müsse man sich nicht für diesen „Dreier“, sagte Enochs und lobte seinen Torwart, den erst 20-jährigen Marvin Schwäbe, der aus Hoffenheim ausgeliehen ist und mit einer überragenden Leistung zum zwölften Mal alle Gegentreffer verhinderte.

So ist er halt, dieser Joe Enochs. Zu seiner aktiven Profizeit als „Kampfschwein“ im Mittelfeld gefürchtet, gilt für ihn heute die Formel „Ergebnis gleich Erlebnis“. Die seit sechs Partien in Folge ungeschlagenen Osnabrücker dürfen nun als Tabellenvierter mit zwei Zählern Abstand zu Relegationsrang drei tatsächlich einer prickelnden Saison-Endphase entgegenfiebern. Und wer solche Spiele wie in Kiel gewinnt, dem ist auch der ganz große Wurf zuzutrauen: Der Sprung in die Zweite Bundesliga, in die der VfL nach städtischem Selbstverständnis auch gehört.

Schon das Hinspiel hatte Lila-Weiß, das nach dem vierten Spieltag mit zwei Punkten und nur einem Tor Vorletzter des Rankings war, trotz einer zwischenzeitlichen 3:0-Führung mit Ach und Krach mit 3:2 für sich entschieden. Danach erhielt Enochs seinen Chefcoach-Vertrag bis zum 30. Juni 2017. Aus Holsteiner Sicht passen Enochs und Kiel daher irgendwie nicht gut zusammen.

Das Missverhältnis von Aufwand und Ertrag strapaziert die Nerven der dem Fußball verbundenen Menschen an der Ostsee, ebenso wie die des bisweilen knurrig daherkommenden Chefcoaches Karsten Neitzel, jenes in Dresden geborenen Fußballlehrers, der – ungeachtet der aktuellen Ergebnis-Achterbahn – in Kiel nicht infrage gestellt wird. Gerade wurde im Bauausschuss der Stadt der Antrag der Störche für ein neues, 23.000 Zuschauer fassendes Stadion an alter Stelle durchgewunken – Blickrichtung: Zweite Liga. Jetzt allerdings ist noch nicht einmal der Drittliga-Klassenerhalt in trockenen Tüchern.

Zu seiner aktiven Profizeit als „Kampfschwein“ im Mittelfeld gefürchtet, gilt für Joe Enochs heute die Formel „Ergebnis gleich Erlebnis“

Allerdings dürfte das Erreichen des Minimalzieles ob der Qualität der Kieler Mannschaft, die zu Saisonbeginn auch durch immenses Verletzungspech und prominente Abgänge komplett umgekrempelt worden war, nicht ernsthaft gefährdet sein. Dann gibt es im nächsten Jahr halt einen neuen Anlauf in Richtung Zweite Liga. Immerhin die Leidensfähigkeit haben die Traditionsvereine VfL Osnabrück und Holstein Kiel gemeinsam.

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