Osnabrück hat einen neuen Bischof: Dominicus Meier säuselt sanft
Osnabrücks neuer Bischof hat einiges gut zu machen. Sein Vorgänger hatte auf Berichte über sexuellen Missbrauch durch Kleriker nur zögerlich reagiert.
Dieser Weg wäre nicht frei gewesen, hätte der Papst nicht das Rücktrittsangebot von Franz-Josef Bode angenommen, der war Meiers Vorgänger im Amt des Bischofs und war 2023 im Zuge einer Studie der Universität Osnabrück zu Fall gekommen.
Die Studie mit dem Titel „Betroffene – Beschuldigte – Kirchenleitung: Sexualisierte Gewalt an Minderjährigen sowie schutz- und hilfebedürftigen Erwachsenen im Bistum Osnabrück“ hatte dem Bistum attestiert, es habe die Pflicht, Betroffenen zu helfen, „in erheblichem Maße“ verletzt, „bis in die jüngste Vergangenheit“. Bode hatte zugegeben, „lange Zeit eher die Täter und die Institution als die Betroffenen im Blick gehabt“ zu haben.
Der ruhmlose Abgang seines Vorgängers verdüstert Meiers Amtsantritt massiv, so viel Glanz sich der Gottesdienst zu seiner Amtseinführung auch zu geben versucht. Meier muss es nun besser machen.
Die Würde der Opfer
Wer mit Jesus in Beziehung stehe, sagte Meier in seiner einschläfernd salbungsvollen Amtseinführungspredigt, werde das „wertschätzende Wort für den Nächsten finden, das Wort, das Leben schenkt und Hoffnung macht und die Würde eines jeden hervorhebt und hochhält“. Auf das mit der Würde werden die Opfer sexualisierter Gewalt ihn sicher festnageln.
Meier, Benediktinermönch, mit 65 eigentlich ruhestandsreif, hat schon viel hinter sich. Einen Start als Justizfachangestellter. Ein Studium der Theologie und Philosophie. Priesterweihe, Promotion in Theologie, Habilitation und Lehrstuhl in Kirchenrecht. Er war Abt, Titularbischof, Weihbischof. Mitglied des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem, und Richter am höchsten Gericht der römischen Kurie.
Auch als „Ehebandverteidiger“ war er tätig, von 1992 bis 2001, am Erzbischöflichen Diözesangericht Paderborn. Seine weltferne Aufgabe damals, verstörend anachronistisch: in Eheprozessen Gründe gegen eine Scheidung zu finden. Eine zentrale Frage in diesem Zusammenhang: Ist die Ehe vollzogen, auch geschlechtlich? Tiefer kann man das Privatleben eines Paares nicht penetrieren.
Ob Meier in diesen Prozessen auch so floskelsanft gesäuselt hat wie in seiner Wohlfühl-Amtseinführungspredigt? Bei der trug er übrigens ein goldenes Hakenkreuz auf der Brust, kopfgroß, rund, rechtsdrehend. Hätte er doch den Titel der Ausstellung zur Prävention sexueller Gewalt beherzigt, die das bistumsnahe „Forum am Dom“ im Oktober zeigt, aus bitteren, sehr nachvollziehbaren Gründen: „Augen auf!“
Er freue sich auf die Ruhe des Gartens seiner Residenz, verriet Meier dem Sender „Domradio.de“. Zu bequem sollte er es sich lieber nicht machen. Er hat viel zu tun.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Selenskyj bringt Nato-Schutz für Teil der Ukraine ins Gespräch
Parteitag der CDU im Hochsauerlandkreis
Der Merz im Schafspelz