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Orissa bleibt in Gefahr

■ berflutung behindert die Hilfsaktionen. Gefahr von Hunger und Seuchen

Delhi (taz) – Die Hilfe für die Opfer des Wirbelsturms in Orissa wird immer mehr zu einem Kampf gegen die Zeit. In der Hauptstadt Bhubaneshwar stapeln sich die Hilfsgüter, noch immer ist jedoch der Zugang zu den 1.500 am schwersten heimgesuchten Dörfern nur aus der Luft möglich. Regierungsangaben zufolge sind erst 40 Prozent der betroffenen zwölf Millionen Menschen überhaupt erreicht worden.

Dass die Rettungsmaschinerie nur langsam in Gang kommt, liegt nicht an bürokratischen Verzögerungen, sondern am Ausmaß der Zerstörung im Einzugsgebiet des Zyklons von Ende Oktober. Die Versorgung der Dörfer erfolgt meist direkt aus der Luft, weil die Helikopter keine Landeplätze finden. Dies ist allerdings nicht der einzige Grund – in der letzten Woche wurden Helikopter nach ihrer Landung von hungrigen Einwohnern gestürmt. Nach dem Abwurf aus der Luft bietet sich den Piloten oft das Bild von Menschen, die sich an aufgedunsenen Tierleichen vorbei ins Wasser werfen und um die Hilfsrationen kämpfen, die angereicherten Reis, Rohzucker, Milchpulver, Salz und Kerzen enthalten.

Zum Inhalt der abgeworfenen Packungen gehören auch Tabletten zur Desinfektion von Wasser. Nachdem bereits die ersten Hungertoten gemeldet wurden, ist nun der Ausbruch von Seuchen die größte Gefahr. Bestimmte Regionalkrankenhäuser sollen bereits überfüllt sein von Patienten mit Cholera, Dysenterie und Hepatitis, und es soll zu ersten Todesfällen gekommen sein. Die offizielle Zahl der Toten liegt mit knapp eintausend Opfern weit unter den Schätzungen. Gesundheitsexperten erscheint aber gerade diese niedrige Zahl alarmierend, sie gehen davon aus dass sehr viele Leichen und ebenso Tierkadaver noch im Wasser schwimmen, das auch als Trinkwasser dient. Das Überschwemmungsgebiet besteht zum größten Teil aus Reiskulturen, die Felder verhindern den raschen Abfluss des brackigen Wassers.

Man muss annehmen, dass auch ein großer Teil der Reisernte zerstört ist. Damit könnte die Zahl der indirekten Opfer jene der unmittelbar Betroffenen um ein Mehrfaches übersteigen. Die Hilfe aus dem Ausland, die sich bisher in bescheidenem Rahmen hielt, sollte sich daher auf die Kontrolle dieser drohenden langfristigen Folgen konzentrieren. Dazu gehört zum Beispiel Hilfe beim Wiederaufbau des Stromnetzes, dessen Ausfall bereits Hunderte Tonnen gekühlter Lebensmittel und Medikamente wertlos gemacht hat. Nötig ist auch der Aufbau einer Logistik, die es ermöglicht – zum Beispiel mit Booten – über tausend Dörfer regelmäßig und über Monate hinweg mit dem Nötigsten zu versorgen. Dies umso mehr, als Indien (und hier besonders die Armee) die direkten Folgen der Katastrophe im Griff hat, so gut dies angesichts der zerstörten Infrastruktur überhaupt möglich ist.

Bernhard Imhasly

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