Organisierte Kriminalität in Berlin: Zweite-Reihe-Parken ist nicht OK
Erstmals legt das LKA ein „Lagebild Organisierte Kriminalität“ für Berlin vor. Beim Thema Clankriminalität aber wird es schwammig.
Interessant sind vor allem die „Schwerpunktbetrachtungen“ zu einzelnen OK-Gruppen: Das Lagebild nennt konkret Rockerkriminalität, Russisch-Eurasische Organisierte Kriminalität und „Kriminalität durch Angehörige aus ethnisch abgeschotteten Subkulturen“. Gemeint ist mit letzterem die so genannte „Clankriminalität“ genau einer „Subkultur“: der arabischen.
Obwohl der Begriff seit Jahren im „Fokus von Politik und Medien“ stehe, so der Bericht, sei er erst jetzt – für den Bundeslagebericht – definiert worden. Und zwar sei diese Form der Kriminalität bestimmt durch „verwandtschaftliche Beziehungen“, „Abschottung der Täter“, „patriarchalisch-hierarchisch geprägte Familienstruktur“, „mangelnde Integrationsbereitschaft“.
Weiter heißt es im Bericht: „Der Phänomenbereich ist von einer in weiten Teilen der arabischstämmigen Community bestehenden Parallelgesellschaft geprägt und geht einher mit einer mangelnden Akzeptanz oder sogar Ablehnung des in Deutschland vorherrschenden Wert- und Normensystems.“
Rolex tragen und Hochzeitskorsos höhlen den Rechtsstaat aus
Auf Nachfrage der taz betonten Innensenator und Polizeichefin, dass man damit nicht den Großteil der arabischen Community meine, sondern nur die Clan-Familien. Überhaupt sei das Phänomen komplex, so Geisel: Eigentlich gehörten nur Teile der „Clans“ zur OK. In diesen Großfamilien von 100 bis 1.000 Personen „sind nicht alle kriminell, aber es gibt eine hohe Zahl von auffälligen Personen“. Einige davon seien „im Bereich OK“ unterwegs, andere „parken in der zweiten Reihe, tragen Rolex. Das ist nicht kriminell, höhlt aber auch den Rechtsstaat aus.“
Slowik ergänzte, Clankriminalität habe auch damit zu tun, „dass wir gegen ein Dominanzverhalten vorgehen wollen“, sie nannte ebenfalls das Parken in der zweiten Reihe, aber auch Hochzeitskorsos als Beispiele. Das sei zwar nicht kriminell, aber „da fängt es an“, so die Polizeipräsidentin. Auch die Großrazzien in Neuköllner Shisha-Bars und Geschäften seien kein Vorgehen gegen OK, sondern gegen „Regelverstöße“ wie Verletzung des Immissionsschutzes oder Tabakschmuggel, „die wir nicht akzeptieren wollen“.
Innensenator Geisel kündigte für kommendes Frühjahr ein eigenes Lagebild für „Clankriminalität“ an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren