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Organisatorin zur „Jungen Islamkonferenz“„Vertrauen ist ganz wesentlich“

Am Wochenende tagt in Berlin die Bundeskonferenz der „Junge Islamkonferenz“. Was das soll und worum es geht, erklärt Organisatorin Nina Prasch.

„Viele Muslime in Deutschland sind derzeit nicht der Ansicht, dass sie sicher sind“: Blick in die Kölner Zentralmoschee Foto: dpa
Dinah Riese
Interview von Dinah Riese

taz: Frau Prasch, am Freitag startete in Berlin die Bundeskonferenz der Jungen Islamkonferenz. Um was geht es?

Nina Prasch: Die Bundeskonferenz ist unsere jährliche Dialogveranstaltung. Dort greifen wir mit 40 muslimischen und nicht-muslimischen Teilnehmenden zwischen 17 und 25 Jahren jeweils ein aktuelles Thema auf. Dieses Jahr geht es um Vertrauen.

Das ist ja sehr allgemein. Was hat das mit dem Islam zu tun?

Wir wollen vor allem einen Beitrag zum Zusammenhalt in einer Gesellschaft leisten, in der Muslime ein selbstverständlicher Teil sind. Vertrauen ist dafür ein ganz wesentlicher Faktor, der in viele Bereiche hineinragt. Seien es Alltagsbegegnungen, wie wir miteinander umgehen, oder eben das Vertrauen in die Institutionen, das ja nachweislich geschwächt ist.

Können Sie da ein Beispiel nennen?

Umfragen zeigen, dass besonders bei jungen Leuten das Vertrauen in „die Politik“ oder in politische Parteien zurückgeht. Junge Muslime betrifft das genau so wie andere auch, aber bei ihnen kommt noch ein anderer Aspekt dazu. Wir sprechen bei der Konferenz zum Beispiel auch über Erfahrungen wie Racial Profiling. Unsere muslimischen Teilnehmenden berichten uns immer wieder, dass das ein ganz großes Thema für sie ist – und auch eine der Ursachen für ihr schwindendes Vertrauen in staatliche Institutionen, in dem Fall in die Polizei.

Was unterscheidet die Junge Islamkonferenz von der Deutschen Islamkonferenz (DIK), die zuletzt im November 2018 stattgefunden hat – abgesehen vom Alter der Teilnehmenden?

Die Junge Islamkonferenz ist 2011 tatsächlich mit Blick auf die DIK ins Leben gerufen worden. Dort trifft sich aber der Staat in Form des Bundesinnenministeriums auf der einen Seite überwiegend mit den muslimischen Verbänden auf der anderen Seite. Diese sprechen für bestimmte Gruppen. Wir hingegen sind eine zivilgesellschaftliche Organisation, unsere Teilnehmenden vertreten keine Verbände oder Projekte, sondern sprechen nur für sich. Das ist wichtig, denn nur so gelingt ein Dialog auf Augenhöhe und persönliches Kennenlernen. Und das sind die besten Mittel, um Vorurteile und falsche Ressentiments abzubauen.

Bild: Junge Islamkonferenz
Im Interview: Nina Prasch

48, ist Islamwissenschaftlerin und Leiterin der Jungen Islamkonferenz. Die Konferenz ist ein Projekt der Mutik gGmbH und der Humboldt-Universität Berlin und wird durch die Stiftung Mercator gefördert.

Nach dem Attentat im neuseeländischen Christchurch rückt antimuslimischer Rassismus mehr in den Fokus. Sind Muslime in Deutschland sicher?

Wir haben ein zweites Projekt, Claim, das sich insbesondere mit dem Thema antimuslimischer Rassismus beschäftigt. Die Arbeit dort zeigt: Viele Muslime in Deutschland sind derzeit nicht der Ansicht, dass sie sicher sind. Dieses Gefühl ist auch eng mit den NSU-Morden verknüpft, mit organisiertem Rechtsextremismus – und mit dem Umgang der Behörden mit dieser Mordserie. Und da landen wir wieder beim schwindenden Vertrauen in die Behörden.

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8 Kommentare

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  • Derzeit findet ja in 2 Tagen erneut eine Islamkonferenz an der Goeth-Uni statt. Im Vorfeld gab es schon Proteste von Student*innen gegen diese Konferenz, da sie der Veranstalterin rassistische und reaktionäre Äußerungen vorwirft. Die "Kopftuch-Debatte" ist erneut entbrannt - wo ich mich schon immer gefragt habe, wofür?



    Die Protestierenden werden derweil mit den Etiketten "Tugend- oder Meinungsterror" belegt...seltsam vom demonstrierenden Student*in zur Terrorist*in!?! Wird hier nicht gerade wieder etwas stark durcheinandergeworfen?



    Man kann die Demonstrationen ja kritisieren, aber gleich mit so drastischen Etiketten? Was sind denn dann die Hetzkampagnen von AfD & Co.? Auf dem Niveau von "kläffenden Schoßhündchen"? Das ist wohl weniger "terroristisch"!?!



    Diese sind ja nicht nur verbal aggressiv, sondern gegen Vertreter gerade Journalismus schon des öfteren handgreiflich geworden. April 2017 bei einem Treff der AfD-Jugend oder 2018 in Chemnitz oder, oder, oder... Wo ich schon das Gefühl habe, dass deren rassistische An- und Übergriffe auf die "Systempresse" - wie es in deren Jargon heißt - weniger dramatisch dargestellt und eher noch verharmlost werden.

    Man kann ja zum Kopftuch geteilter Meinung sein. Keine Frau darf natürlich gezwungen werden es zu tragen, aber auch nicht, es abzulegen. Jeder hat schließlich das Recht, sich auf den Kopf zu setzen was er/sie möchte oder eben es zu lassen. In Zeiten von Klimawandel, Artensterben, Vermüllung der Meere oder drohendem Trinkwassermangel gibt es meiner Ansicht nach gewichtigere Themen über die man sich auseinandersetzen könnte und wo viel mehr: dringender Handlungsbedarf besteht.

  • ... bin ein alter weißer Mann und schreibe hier zum ersten und vielleicht schon zum letzten Mal.

    @Jim Hawkins meint, wir wären in jungen Jahren nie drauf gekommen, uns mit Religion zu beschäftigen.

    Er vielleicht nicht, andere aber doch. Natürlich waren die Alten in unseren Augen Spießer, mitunter sogar Gegner, aber niemals die Verlogenen, denn was hätten wir wissen können über deren Lebensentwurf.

    Und mir fällt nicht ein, jungen Menschen Einfallslosigkeit vorzuwerfen, bloß weil sie sich mit anderen Themen beschäftigen, als ich das in jungen Jahren getan habe.

    Wenn sich junge, im Einfluss des Islam aufwachsende, Menschen mit ihrem Glauben beschäftigen, sich mit dem Koran und denen, die ihn verbreiten und lehren, auseinandersetzen, dann womöglich, um herauszufinden, ob und/oder wie weit sich diese bereits vom Ursprung der Erzählung entfernt haben.

    Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Glauben, der Religion, in die frauman hineingeboren wurde, kann dahin führen, diejenigen zu erkennen, die Religion zur Verwirklichung eigener Interessen missbrauchen. Wenn ich weiß, was die Religion von mir will, dann weiß ich auch, ob diejenigen, die mir religiöse Gemeinschaft anbieten, es ehrlich meinen. Und ich bin stark genug, dem Despoten, sei es nun ein Politiker oder der Vorstand der eigenen Familie, eine Absage zu erteilen.

    • 8G
      83492 (Profil gelöscht)
      @alois dinxbichler:

      "Und ich bin stark genug, dem Despoten, sei es nun ein Politiker oder der Vorstand der eigenen Familie, eine Absage zu erteilen."

      Aber was tun, wenn die Religion, gerade in ihrer ursprünglichen Form, Unterwerfung erwartet? Wenn ich Sie richtige verstehe, sehen Sie die Beschäftigung mit dieser Religion als etwas, was die Entwicklung zu einer selbständig denkenden, aufgeklärten Person fördert. Ich bin nach Gesprächen mit den höflichen jungen Herren mit den Koranen am "Lies!" Stand nicht mehr so optimistisch.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Also die Leiterin der Jungen Islamkonferenz ist 48.

    Schlimmer finde ich allerdings, dass jungen Leuten nichts besseres einfällt, als sich mit Religion zu beschäftigen.

    Das wären wir in jungen Jahren nie drauf gekommen.

    Religon, Kirche, das waren die Alten, die Gegner, die Spießer, die Verlogenen.

    Heute ist es eine tolle Sache.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      48 ist das neue 24.



      Oder die Jugend eines 2. Lebensabschnitts.

  • Es ist zu Begrüßen, dass sich hier junge Menschen zusammen tun, um Probleme des Islam in Deutschland zu erörtern!

    Leider habe ich heute das erste Mal etwas über diese Konferenz gehört, so dass ich nicht viel zu deren Tätigkeit und deren Themen sagen kann, aber zumindest zu dem hier angesprochenen Ängsten der jungen Muslime, bezüglich des antimuslimischen Rassismus, möchte ich meine Meinung kundtun!

    In meinem Umfeld habe ich viele Muslime kennengelernt und konnte feststellen, dass so ziemlich Alle nichts anderes bewegte, als mich selbst. Das Durchbringen der Familie mit meiner, bzw. derer Hände Arbeit, ohne große politische oder religiöse Tendenzen!



    Trotzdem habe ich im Laufe der letzten Jahre eine große Distanz zum Islam aufgebaut, aber nicht zu dem Muslimen, die nichts anderes wollen, als ich selbst!

    Der Islam wird allerdings immer häufiger von Despoten oder Autokraten instrumentalisiert, um eine Machtstellung auszubauen, selbst in unserem Land, siehe Erdogan oder den Iran, die Saudis und alle anderen Islamistisch regierten, nicht demokratisch ausgelegten Länder des nahen Ostens!

    Erdogan geht sogar soweit, den deutschen Politikern zu drohen, irgendwelche Konsequenzen einleiten zu wollen, wenn sie nicht nach seiner Pfeife tanzen und seine Gegner ausliefern!



    Er setzt seinen Anhängern Flausen in den Kopf, durch mehr Kinder den Einfluss auf die Politik in der EU und deren Mitgliedsländern zu vermehren, so wie er ihnen tatsächlich ihre Menge als Macht Instrument zur Übernahme eben dieser nahelegt!

    Die Gefahr des Islam für uns liegt darin, dass Politik und Glauben unzertrennbar sind, so dass, sollte der Richtige kommen, es durchaus möglich erscheint, dass sich die Muslime hinter einem Religionsführer versammeln, um dessen Visionen zu verwirklichen!

    Der Islam kennt die Trennung zwischen Politik und Glauben nicht, weshalb es einem geschickten Prediger sicher gelingen könnte, das unvorstellbare zu organisieren, den Aufstand des Islam in unserer Heimat!!!

    • @urbuerger:

      Guter Kommentar.

      Muslim als Person ist das nicht Problem, sondern der Islam als politische reaktionäre Religion.

      Und die Angst vor dem islamischen Klerus spielt in der muslimischen Community eine große Rolle.

      • @Justin Teim:

        Daher kann der Islam auch nicht zu unserer offenen deutschen gesellschaft gehören, Muslime aber sehr wohl.