Opposition moniert unsoziale Sozialpolitik: Ein Herz für Millionäre

CDU attackiert SPD, weil sie die kostenlose Kita ab 2014 auch für reiche Eltern plant, aber Steuerentlastungen für kleine Einkommen ablehnt. Der gehts ums Prinzip.

Können ihr Geld zukünftig ganz in edlen Zwirn für die lieben Kleinen investieren: Hamburger Millionäre.

Fragen dürfen Hamburgs Abgeordnete alles, eine Antwort gibt es nicht immer. Der CDU-Politiker Christoph de Vries wies den Senat darauf hin, dass in Hamburg 40.000 Millionäre leben und wollte wissen, wie viel Geld denn die Kita-Nutzer unter ihnen ab August 2014 sparen. Denn dann soll der Besuch für alle Kinder fünf Stunden am Tag kostenfrei sein. Antwort des Senats: Die Zahl der Millionärskinder in Kitas werde "statistisch nicht erfasst".

Immerhin konnte man de Vries beantworten, wie hoch die Entlastung für Gutverdienende sein wird: Ein Alleinerziehender mit einem Kind und einem Monatssalär von 15.000 Euro netto wird im Jahr 2.301 Euro sparen. Verdient er nur 1.023 Euro, ist die Ersparnis mit nur 324 Euro im Jahr viel geringer.

Geht es nach dem CDU-Mann, so ist der ganze Plan des SPD-Senats unsinnig. Es gebe sehr wohl Eltern, die die geplante Entlastung nicht nötig hätten. "Warum man normal und gut verdienenden Eltern das Geld hinterherwirft, ist nicht zu verstehen", sagt der Vater zweier Kinder. Schließlich gebe es für die Kita-Gebühr eine konkrete Leistung. Hier würden Eltern finanziell entlastet, "die das gar nicht gefordert haben".

Der SPD-Senat will ab August 2014 die Kita kostenfrei machen.

Eine Familie mit 1.023 Euro Monatsnetto würde 324 Euro im Jahr sparen, hat sie 2.505 Euro im Monat, spart sie 1.488 Euro im Jahr, hat sie 15.000 Euro im Monat, spart sie 2.301 Euro.

Die Bundesregierung will durch neue Steuerregeln die ,kalte Progression' eindämmen, sprich verhindern, dass Gehaltssteigerungen, die nur Preissteigerungen ausgleichen, steuerlich abgeschöpft werden.

Eine normal verdienende Familie hätte davon 260 Euro im Jahr.

Das stimmt nicht ganz. Die Landeselternvertretung der Kitas, der LEA, hatte unter Schwarz-Grün eine Volksinitiative gegen eine inzwischen zurückgenommene Gebührenerhöhung gestartet (taz berichtete). Noch im Wahlkampf unterschrieb der heutige SPD-Bürgermeister Olaf Scholz feierlich mit dem LEA einen Vertrag, in dem er auch die Gebührenfreiheit versprach.

Die Einlösung dieses Scholz-Versprechens kostet die Stadt im Jahr 2014 für die Zeit von August bis Dezember rund 28 Millionen Euro. Ab 2015 müssen, dann wohl von der neu gewählten Regierung, jährlich rund 65 Millionen Euro aus anderer Stelle in der Stadtkasse ersetzt werden.

Das sei in etwa die Summe, die Hamburg für die schwarz-gelben Steuersenkungspläne ausgeben müsste, rechnet de Vries vor. Von diesen Plänen, die der SPD-Senat im Bundesrat blockieren wolle, würden "Gering- und Normalverdiener" profitieren (siehe Kasten). Man müsse sich fragen, "was an dieser Politik noch sozialdemokratisch ist".

Die schwarz-gelben Steuersenkungspläne seien wegen der Rekord-Verschuldung nicht finanzierbar, kontert Melanie Leonhard (SPD): "Alle Kommunen, auch die CDU-regierten, sagen, wir können auf die Einnahmen nicht verzichten."

Bei den Kita-Gebühren gehe es ums Prinzip. Die SPD sei "grundsätzlich für gebührenfreie Bildung von der Kita bis zur Hochschule", erklärt die Fachsprecherin für Familie. Befreie man nur die Bedürftigen, sei das stigmatisierend. Deswegen sollten alle Kita-Eltern profitieren. Und so viele Millionärskinder gebe es "an Hamburgs Kitas nicht".

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