Opposition in Russland: Keine Berufung

Im Falle des verurteilten Regisseurs Kirill Serebrennikov verwirft ein Moskauer Gericht die Revision. Die Motive dürften politischer Natur sein.

Kirill Serebrennikov: russischen Regisseur und Theaterdirektor spricht während eines Charity Konzerts in ein Mikrofon.

Kirill Serebrennikov: russischen Regisseur und Theaterdirektor Foto: Vyacheslav Prokofyev/imago

MOSKAU taz | Das Moskauer Stadtgericht lässt Berufungen im Falle des russischen Regisseurs und Theaterdirektors Kirill Serebrennikov nicht zu. Am Mittwoch lehnte das Gericht die Revisionsanträge der Verteidigung ab.

Zwei Mitangeklagte des bekannten Regisseurs waren im Sommer der Veruntreuung für mitschuldig befunden worden. Die Produzenten Jurij Itin und Alexei Malobrodsky erhielten Bewährungsstrafen in Höhe von drei und zwei Jahren. Zusätzlich verurteilte sie das Gericht zu hohen Geldstrafen. Sofia Apfelbaum, eine Mitarbeiterin des Kulturministeriums, wurde überdies wegen grober Fahrlässigkeit zur Verantwortung gezogen.

Ende Juni hatte das Meschtschanskij-Gericht Kirill Serebrennikov zu einer dreijährigen Bewährungsstrafe sowie zur Zahlung von 800 000 Rubeln (umgerechnet Euro 10500) verurteilt. Darüber hinaus wurden der Theaterdirektor und die beiden männlichen Mitangeklagten dazu verurteilt, 129 Millionen Rubel (1,6 Millionen Euro) zurückzuzahlen, die sie laut Gericht veruntreut hatten.

Serebrennikov, Iltin und Malobrodsky sollen Staatsgelder veruntreut haben, die zwischen 2011 und 2014 an das „Siebte Studio“ im Rahmen des Projektes „Plattform“ geflossen waren. Die Mitangeklagten gingen in Revision. Serebrennikov legte keine Berufung ein, angeblich wollte er sich damit dem juristischen Verfahrensstress entziehen. Zuvor hatte er schon mehrere Monate im Hausarrest verbringen müssen und durfte das Land auch zu Premierenfeiern eigener Stücke im Ausland nicht verlassen.

Einflussreiche Kreise

Wer hinter der Festnahme Serebrennikovs im Sommer 2017 steht, ist bis heute unklar. Grundsätzlich hieß es, dass es einflussreiche Kreise seien, die es auf kritische Vertreter aus der Kultur abgesehen hätten. Zumindest wollten sie den unabhängigen Geistern eine Warnung erteilen. Serebennikov gilt als innovative Kraft. Vertreter des herkömmlichen russischen Theaters schätzen ihn weniger.

Der Theaterdirektor machte aus seiner kritischen Haltung gegenüber den politischen Vorgängen in Russland kein Geheimnis. Das galt jedoch eher im Rahmen der Freiheit der Kunst. Als politischer Agitator trat er nirgends hervor. In einem aufrührenden Film (Der Student) warnte er vor einem wachsendem Einfluss der Russisch-Orthodoxen Kirche in den vergangenen Jahren.

Seit Beginn des Verfahrens werden hinter dem Fall politische Motive vermutet. Viele bekannte russische, auch internationale Künstler und Intellektuelle setzten sich für den Russen aus Rostow am Don ein. Diese Unruhe hatte zumindest zur Folge, dass Serebrennikov ein noch härteres Schicksal erspart blieb.

Russlands Strafverfolgungsbehörden geben nicht einfach auf. Auch die Kräfte des Geheimdienstes sind beharrlich. Wer verdächtigt wird oder nicht gut gelitten ist, muss unabhängig von der Beweislage damit rechnen, verurteilt zu werden – egal ob schuldig oder nicht.

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