Onlinewahlkampf der Grünen: Frisch wie früher
Innovativ, klassisch oder peinlich? Wir analysieren, wie sich die Parteien während des Wahlkampfes im Netz schlagen. Dieses Mal: die Grünen.
Der Klassiker - die Parteiseite
Auf den ersten Blick wird klar: Die Webmaster der Grünen machen einen guten Job. Die „Ökos“ präsentieren eine ordentlich strukturierte Parteiseite mit modernem Design. Allein die Farbauswahl ist mit einem sich über alle Seiten erstreckendem grün eher monoton gehalten.
Bevor sich die Hauptseite öffnet, kann man in einer interaktiven Tour die wichtigsten Informationen zu den diesjährigen Wahlzielen der Grünen abgrasen. Sorgfältig ausgesuchte Standbilder und dazu passende Textschnipsel sollen veranschaulichen, wieso man dieser Partei seine Stimme geben sollte. Nett gemacht, die Tour dauert aber um einiges länger als die angegebenen zwei Minuten.
Die Hauptseite glänzt durch Übersichtlichkeit. Im Schwerpunkt liegen die Themen Energiewende, Gerechtigkeit und Moderne Gesellschaft. Unter den Pressemitteilungen und Beiträgen der Partei kann man den Grünen Fragen stellen. Geantwortet wird innerhalb eines Tages, zeigt der Praxistest.
Das Neuland - Die Social-Media-Präsenz
Die Grünen sind in allen führenden Online-Plattformen aktiv. Neben einem Facebook-, Twitter- und Youtube-Account, sind die Grünen auch bei Google+. Und das durchaus mit Erfolg.
Auf Twitter und Facebook geht es in hitzigen Diskussionen zur Sache. Leider wird von der Partei nicht regelmäßig geantwortet und kommentiert. Wenn, dann wird meistens nur auf das Wahlprogramm verwiesen oder darauf aufmerksam gemacht, dass schlüpfrige Posts gelöscht werden. Wegen der vielen Beschimpfungen verständlich. Trotzdem können sie stolz sein auf über 60.000 Follower, doppelt so viele wie die Union.
Darüber hinaus wird im „Abwählkalender 2013“ täglich ein Statement zum Wahlkampf veröffentlicht. Und das seit dem 200. Tag vor der Bundestagswahl. Am 19. August hatte man beispielsweise noch „34 Tage geschmacklose Spekulationen“ vor sich.
Das Oberhaupt
Der Grüne Spitzenmann mit den netten Grübchen ist kein unbekanntes Gesicht. Deswegen werfen wir ein Blick auf die „Neue“ Katrin Göring-Eckardt. Die wertkonservative Spitzenkandidatin der Grünen präsentiert sich überaus volksnah. Auf Facebook und Twitter postet sie was das Zeug hält.
Mit Fotos vom Badesee, einem netten Tratsch zwischen Parteifreunden oder einem Zwischenstopp im Bioladen versucht sie, die Herzen der Wähler zu erreichen. Diskussionen geht sie nicht aus dem Weg. Wie gut für Göring-Eckardt, dass es soziale Netzwerke gibt.
Die Kleinigkeiten
Auf dem Youtube-Channel der Grünen stößt man unter anderem auf ein Video das vor allem jungen Wählern gefallen wird. Das Hiphop-Portal 16Bars begleitet Rapidol Massiv und den Grünen-Politiker Cem Özdemir auf einer Fahrt durch den Berliner Stadtteil Wedding. Standesgemäß im BMW. Sie erinnern sich an ehemalige Grundschullehrer, die nie richtig an sie geglaubt haben und diskutieren über ihren Musikgeschmack. Massiv über Popikone Prince: „Nee, der berührt mich auf keinsten.“ Bei Michael Jackson, kommen der Politiker und der Rapper eher auf den gleichen Nenner.
Außerdem erwähnenswert ist der Menüpunkt „Meine Kampagne“ auf der Grünen Parteiseite. Die Idee ist, per Email auf politische Aktionen, wie beispielsweise Protestbriefe oder Demonstrationen aufmerksam zu machen. Der Zugriff erfolgt per Anmeldung. Doch keine Angst, es besteht die Möglichkeit nur die Daten anzugeben, die man auch wirklich angeben möchte.
Der Peinlichkeitsfaktor
Eine absolute Augenweide: Das Video im Youtube-Channel der Partei, welches Renate Künast auf Testfahrt mit einem Pedelec-Rad zeigt. Mit Fahrradhelm auf dem Kopf beteuert sie pausbäckig „das Pedelec ist kein hundert prozentiges Elektrofahrrad, sondern unterstützt mich nur beim trampeln.“ Jaja, das Ding dient wohl eher als Ausgleich für die wegen des Veggie-Days gepurzelten Pfunde.
Gesamteindruck
Die Grünen sind wieder frisch wie früher. Zumindest bei ihrem Online-Konzept. Die Partei präsentiert sich mit einer benutzerfreundlichen Parteiseite. Die Social-Media-Plattformen werden ausgiebig genutzt und sind, trotz großer Bandbreite, gut überschaubar eingerichtet.
Sie werden geliebt und sie werden gehasst. Das Netz sprudelt über mit grün gestrichenen Diskussionen. Meistens wird heftig gestritten. Bekennende Anti-Ökos können ihre Abneigung zum Ausdruck bringen, Grünenwähler verteidigen die Ansichten ihrer Partei. Die Seiten-Administratoren mischen sich nur selten ein.
Alles in allem hinterlässt die Online-Präsenz der Grünen einen positiven Eindruck. Nur die aktuellen Wahlumfragen müssen die Grünen derzeit Sorgen bereiten.
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