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Onlinesucht von JugendlichenDas böse, böse Internet

Es muss Begriffe für die Gefahren im Netz geben, findet der Suchtkongress. In Indonesien glauben gar einige, Facebook gehöre nicht zum Internet.

Der gute alte Gameboy: Da war die Welt noch in Ordnung Foto: dpa

Man muss keine Koryphäe der Psychoanalyse sein, um zu wissen, dass der Mensch ab und an ein ganz schön triebgesteuerter, kleiner Wicht sein kann. Das ist – halten Sie sich fest – auch im Internet nichts anderes. Der Deutsche Suchtkongress 2016 fordert aus diesem Grund jetzt politisches Handeln.

„Die Zunahme von Internetabhängigkeit, gerade unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen, stellt uns vor neue Herausforderungen und erfordert passgenaue Prävention und Hilfsangebote“, sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, zum Start des Kongresses an der Technischen Universität Berlin. Vom 5. bis zum 7. September diskutieren dort über 600 Suchtexperten über „neue Behandlungsformen, Möglichkeiten der Prävention und Früherkennung sowie die zunehmende Abhängigkeit von Internet und sozialen Netzwerken“.

Laut der Universität Lübeck sind fünf Prozent der Mädchen und drei Prozent der Jungen im Alter von 14 bis 16 Jahren internetabhängig. Die Studie sagt aber auch: „Im Gegensatz zur Online-Spielsucht gibt es über die Abhängigkeit von Sozialen Netzwerken oder vom Internet als solchem bislang leider wenige Erhebungen und Studien“.

Nicht nur das: Internet, soziale Netzwerke – das und mehr verkommt in der Debatte oft zu einem großen binären Brei. Die Internetsucht soll also bekämpft werden, so richtig mit Firepower, bis die letzten Einsen und Nullen runtergebrannt sind. Doch wovon ist man abhängig: Vom Internet an sich? Von Sozialen Netzwerken? Vom Kaufrausch? Um darüber nachzudenken, müssen zuerst die Begrifflichkeiten abgesteckt werden.

Schlimm wird es natürlich, wenn selbst NutzerInnen nicht mehr wissen, ob sie gerade analog oder online unterwegs sind. So gaben bei einer Befragung in Indonesien im Jahre 2012 nur 17 Prozent der Befragten an, sie würden das Internet benutzen. Knapp 30 Prozent sagten allerdings, sie seien regelmäßig bei Facebook – das Soziale Netzwerk war für die meisten scheinbar gar nicht im Internet angesiedelt. Auch in Thailand war der Unterschied signifikant: Knapp 30 Prozent sagten, sie seien regelmäßige InternetnutzerInnen, während etwas mehr als 45 Prozent das gleiche über Facebook sagten.

Umso wichtiger, dass zumindest die tapferen Sucht-Ritter ihren Duktus aufpolieren. Denn um Sucht zu bekämpfen, muss erst mal klar sein, wovon man abhängig ist.

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4 Kommentare

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  • Das Leben an sich macht süchtig und ist daher grundsätzlich zu verbieten!

     

    Deutsche Sicherheitspartei. Nur wir schaffen ein sicheres Deutschland!

  • 3G
    34970 (Profil gelöscht)

    Sage nur mmoRPGs. Wenn die ganzen verlogenen Moralapostel mit ihrer unsinnigen "Killerspiel" Debatte Jugendschutz wirklich ernst nehmen würden hätte man sich schon längst mal dem Thema World of Warcraft und Co annehmen müssen. 1000h Spielzeit bis mehre hundert Tage (!) und nochmehr. Aber da wird eben niemand "gekillt"....deswegen uninteressant. Was ein Wahnsinn!

    • @34970 (Profil gelöscht):

      "Denn um Sucht zu bekämpfen, muss erst mal klar sein, wovon man abhängig ist", findet Yannick Ramsel, und ich stimme ihm durchaus zu. Also bitte, sehr geehrteR DISPATE: Wenn Sie wirklich dafür sind, dass "man sich ]...] dem Thema World of Warcraft und Co ann[immt]", schlage ich vor, Sie raten dreimal mit, wonach World-of-Warcraft-Spieler, die "hundert Tage" am Stück gamen, EIGNETLICH süchtig sind.

       

      Noch besser wäre allerdings, Sie raten nicht, sondern analysieren. Von mir aus auch rein theoretisch. Aber Vorsicht: Es könnte sein, dass die Antwort, die Sie finden, über die digitalen Welt hinaus in die reale Welt verweist. Das würde zumindest erklären, wieso die reale Welt für manche Menschen von der virtuellen kaum noch zu unterscheiden ist: Die Regeln, die da gelten, sind einfach die selben. Man kann ihnen nur leichter entsprechen.

      • 3G
        34970 (Profil gelöscht)
        @mowgli:

        Du Mowgli das weiß ich doch das einfach verbieten/regulieren nicht die Lösung ist sondern Ersatz Angebote (im RL dann) schon vorhanden sein müssen. War doch selber mit dabei (Guild Wars2 auf Millersund). ;) mmoRPGs sind wundersame Paralellwelten voll mit gleichgesinnten und den Freunden aus der Gilde mit denen man gemeinsam großartige Abenteuer bestreiten kann. Es macht Spaß, es ist toll...aber grade das tolle, die Gemeinschaft kettet einen auch an das Spiel. Ich als nicht mehr ganz so junger Mensch hatte schon Probleme nach einem Jahr davon wegzukommen aber für Jugendliche stell ich mir das fast unmöglich vor die Gilden im und seinen gepeppelten Charakter " im Stich zu lassen". Neben der Schule wird auch der Freundeskreis und die Familie vernachlässigt. Das mein ich dann mit gefährlicher als Killerspiele auch wenn das bestimmt wieder einige anders sehen.