piwik no script img

Online-Radio detektor.fm hat GeburtstagHappy seit fünf Jahren

Das Online-Radio „detektor.fm“ liefert einen Mix aus langen Wortbeiträgen und Musik. Nun will der Sender auch im Auto hörbar werden.

Nur im Deutschlandfunk wird noch mehr geredet als auf „detektor.fm“. Bild: Hornetsister / photocase.de

Die Zukunft des Radios liegt im Internet. So oder so ähnlich könnte der Slogan des Online-Radiosenders detektor.fm lauten. Das Leipziger Radio-Startup feiert am Donnerstag sein fünfjähriges Bestehen. Ihr Konzept ist erfolgreich, wie die Verleihung des deutschen Radiopreises 2012 in der Kategorie „Beste Innovation“ und die Nominierung für den Grimme-Online-Award 2013 zeigen. „Detektor.fm ist ein Experiment“, sagt Redaktionsleiter Marcus Engert. „Wir hätten nicht erwartet, dass es so erfolgreich wird.“

Was ist das Erfolgsrezept des jungen Radiosenders? Detektor.fm produziert keine herkömmlichen Nachrichten, die Nutzer auch woanders abrufen könnten. „Wir liefern eher die Hintergründe zu den Nachrichten“, sagt Engert. Mithilfe von Experten versuchen sie Fragen zu beantworten, die bei gewöhnlichen Meldungen offen bleiben. Radiobeiträge können daher im Durchschnitt sechs bis sieben Minuten lang sein.

Im Vergleich dazu dauern Beiträge bei Privatsendern meist nur ein bis zwei Minuten. An Wortlänge überbieten können da nur reine Wortsendungen, wie es sie beispielsweise im Deutschlandfunk gibt. Aber detektor.fm spielt im Gegensatz dazu zwischen den Beiträgen immer Musik.

Detektor.fm kann man im Webbrowser über einen Online-Stream, am Smartphone über einen mobilen Stream, App oder über Smart-TV – also einen Fernseher mit Internetzugang empfangen. „Im November hatten wir über 70.000 Sessions, also Hörer, die uns länger als 60 Sekunden gehört haben“, sagt Christian Bollert. Er ist Geschäftsführer der BEBE Medien GmbH, die den Sender betreibt.

Demnächst auch in Autos

Trotz des Senderstandorts Leipzig kommen die meisten Hörer aus Berlin, es folgen Hamburg, Frankfurt am Main, Köln und danach käme erst Leipzig. Die Zielgruppe ist jung und sei akademisch geprägt, sagt Bollert.

Derzeit plant detektor.fm, den Radiosender in 2015 auch ins Auto zu bringen. Viele Autos haben jetzt schon einen Internetzugang, sodass sie gerade mit den Herstellern verhandeln.

Da der Radio-Stream kostenfrei ist, stellt sich die Frage nach der Finanzierung des Senders. Die erste Einnahmequelle ist Werbung, auch wenn der Sender auf klassische Radio-Werbespots verzichtet. Die seien nicht mehr zeitgemäß, sagt Redaktionsleiter Marcus Engert. Trotzdem ist detektor.fm aber finanziell auf Werbefinanzierung angewiesen und verwendetet sogenannten Patronate wie „Firma XY präsentiert“.

Als zweites Standbein wirkt der Sender auch als Audiodienstleister und vertonen zum Beispiel das „Streiflicht“ der Süddeutschen Zeitung und Beiträge von Krautreporter. Auch für die Stadt Leipzig produziert detektor.fm Audioformate.

Medienstandort Leipzig

Die Gründer von detektor.fm lehren auch als Dozenten bei den Landesmedienanstalten, Journalistenschulen und Universitäten. Crowdfunding, Spenden und Merchandise-Einnahmen sind eine weitere finanzielle Einnahmequelle des Senders.

Durch den Medienstandort Leipzig bekommt der Radiosender Redakteursnachwuchs vom Journalismus-Studiengang der Universität und vom Campusradio mephisto 97.6, der sich selbst als Ausbildungsradio versteht.

„Wenn man in Deutschland mit dem Auto von Norden nach Süden fährt, klingen alle Radiosender gleich“, meint Marcus Engert. Detektor.fm sei ein Experiment, die Radiolandschaft etwas innovativer zu machen. In den USA ist die Podcast- und Onlineradio-Kultur deutlich größer als in Deutschland. Detektor.fm werde jetzt ernster genommen als am Anfang, sagt Engert. Die Außenwahrnehmung hat sich verändert. Die innere aber anscheinend nicht: „Wir sind happy seit fünf Jahren.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!