Online-Ausstellung über Rauschmittel: „Konsum veränderte soziales Leben“
Was eine Droge ist, hängt von den Umständen ab: Die Ausstellung „Intoxicating Spaces“ widmet sich der Geschichte der Rauschmittel.
taz: Frau Robillard, wo finden sich heute Drogen aus dem 17. Jahrhundert?
Gabrielle Robilliard: Mit Glück lassen sich Reste von Tabak, Kaffee oder Tee finden, aber meistens müssen wir indirekt auf schriftliche Quellen, Objekte oder Bilder zurückgreifen.
Und was sind die Rausch- und Genussmittel von damals?
Im 17. und 18. Jahrhundert war eine Droge nicht unbedingt zu unterscheiden von Medizin oder Nahrungsmitteln. Die Grenzen waren schwammig, während sie heute juristisch bestimmt werden. Die Legalität hing damals nicht von der Gesundheitsgefährdung ab. Ende des 18. Jahrhunderts wurde zum Beispiel Kaffee in Preußen verboten, weil der Staat Angst hatte, dass Leute ihr ganzes Geld dafür ausgeben. Opium dagegen, war in jeder Apotheke zu bekommen.
Welche Objekte kommen für eine Ausstellung in Frage?
Zunächst Portbooks und Zollbücher. In denen steht, welches Schiff einläuft und welche Waren verzollt werden. Kaffee, Tee und Tabak finden sich dort. Substanzen, die medizinische Verwendungen fanden, wurden oft unter dem Begriff „Drogen“ verzeichnet. Darunter konnten allerdings auch Gewürze sein. Nachweise von Rauschmittelkonsum finden sich in Tagebüchern, Briefen sowie Koch- und Rezeptbüchern.
Sie suchen also auch einen kulturellen Zugang?
Wir haben Lieder, Flugschriften, Apothekenordnungen oder auch Nachlässe untersucht. Wir suchen nach Objekten, die in Museen lagern; nicht nur schriftlichen oder visuellen Quellen. Unser Projekt ist geschichtswissenschaftlich, aber wir verwenden auch Methoden aus der Anthropologie oder Soziologie, um uns an die kulturellen und sozialen Bedeutungen anzunähern. Unser Projekt soll Aussagen ermöglichen, die gesellschaftliche Praktiken beschreiben und analysieren.
Sind Sie zu Schlüssen gekommen?
Der Konsum neuer Rauschmittel veränderte das soziale Leben und die Städte profitierten vom Umschlag. Neue Räume und Arten des sozialen Umgangs sind entstanden. Ein berühmtes Beispiel sind die Kaffeehäuser, die seit Mitte des 17. Jahrhunderts in ganz Europa florierten. Es war, zum Beispiel, nicht mehr denkbar, in eine Gastwirtschaft zu gehen, in der nicht geraucht wurde.
Was lernen wir aus unserer Rauschmittelvergangenheit?
Für Schüler*innen, die mit unserem Team in diversen Projekten mitgewirkt haben, war überraschend, dass Cannabis nicht immer verboten war, dafür aber zeit- und ortsweise Kaffee und Tee. Betrachtet man Rauschmittel historisch, erhält man einen Einblick, welche sozialen und kulturellen Mechanismen dahinterstecken, dass wir etwas als legal oder illegal einstufen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!