Olypmische Spiele in Hamburg: Olympische Frage am Millerntor
Hamburgs Botschaft lautet: Olympia lohnt sich. Aktuell würde es sich vor allem für den HSV lohnen. Nun stellt sich auch der FC St. Pauli der Debatte.

Unter dem Motto „Olympia – muss das sein?“ hat der FC St. Pauli am Samstag über Hamburgs Bewerbung für die Spiele und die Rolle des Vereins darin diskutiert. Während die Stadt mit neuen Stadien und allerlei Versprechen wirbt, herrscht am Millerntor eher Skepsis – aber es regt sich auch vorsichtige Offenheit.
Das Millerntorstadion, in dem der FC St. Pauli seine Heimspiele der 1. Fußball-Bundesliga austrägt, könnte bei einer erfolgreichen Bewerbung Hamburgs 2036, 2040 oder 2044 Austragungsort für die Hockey-Turniere werden. Dafür müsste das Stadion, das mittlerweile in eine Genossenschaft überführt worden ist, der Stadt als Austragungsstätte zur Verfügung gestellt werden. Im Gegenzug wäre die Finanzierung des Ausbaus von drei bisher offenen Ecken im Stadion möglich und damit eine Erweiterung um mehrere Tausend weitere Sitzplätze. Die Stadt Hamburg will klarmachen: Mitmachen lohnt sich. Aktuell lohnt es sich aber vor allem für den Hamburger SV, den zweiten Profi-Fußballklub der Stadt.
Im Rahmen der Olympia-Bewerbung ist ein neues Stadion im Volkspark geplant: eine moderne Multifunktionsarena mit 60.000 Plätzen. Nach den Olympischen Spielen könnte sie dem HSV als Heimstätte dienen und für Großveranstaltungen wie Konzerte, Kongresse oder Champions-League-Spiele zur Verfügung stehen. Das derzeitige Stadion des HSV ist angeblich spätestens in den 40er- bis 50er-Jahren marode und die Instandhaltungskosten wären dann zu hoch. Obwohl es erst im Jahr 2000 eröffnet, vor zwei Jahren für 30 Millionen Euro renoviert wurde und keine Belege für dessen Verfall vorliegen.
Das sieht nach einem Kniff mit Hintergedanken aus, denn: Olympia-Bewerbungen müssen heute offiziell nachhaltig sein. Das fordert das Internationale Olympische Komitee (IOC) in seiner Reformagenda Olympic Agenda 2020 und deren Weiterentwicklung, die Agenda 2020+5. Neubauten sollen möglichst vermieden, bestehende Infrastruktur genutzt und Projekte mit langfristigem Nutzen umgesetzt werden. Städte sollen zeigen, dass geplante Investitionen über die Spiele hinaus Bestand haben.
Millerntorstadion an der Auslastungsgrenze
Der FC St. Pauli könnte von einer Teilnahme an den Olympischen Spielen auch profitieren. „Wir haben einen Wachstumsschmerz als FC St. Pauli“, formulierte Oke Göttlich, Präsident des Vereins, dessen missliche Lage. Seit Jahren ist das Millerntorstadion an der Auslastungsgrenze und Kritik am Ticketvergabesystem ausgesetzt. Die Nachfrage übersteigt die etwa 30.000 Plätze deutlich. Nicht der einzige Engpass. „Wir haben viele Sporttreibende in und um den FC St. Pauli, die unsere Farben, Ideen und Leitlinien nicht vertreten können, weil wir ihnen keine Hallenplätze, weil wir ihnen keine Infrastruktur, weil wir ihnen keine Möglichkeiten geben“, sagt Göttlich am Samstag.
Oke Göttlich, Präsident des FC St. Pauli
Er plädiert dafür, die Pläne und den Bürgerentscheid abzuwarten, statt sich kategorisch gegen das Großevent Olympia zu stellen. Eine Meinung, die viele an diesem Abend nicht teilen. Nur eine Publikumsmeldung ist positiv und hebt die Vorteile für Hamburg wie beispielsweise die Entwicklung von weiteren Sportstätten und Infrastruktur hervor. Eine weitere spricht mit Blick auf die Austragunsorte Peking und Sotschi davon, dass man die Spiele nicht autoritären Regimen überlassen könne.
Andere wollen, das Lehren aus den Olympischen Spielen in Paris gezogen werden. Dort stiegen die Mieten, Studierende wurden aus Studierendenheimen ausquartiert und die Bevölkerung litt unter den Sicherheitsmaßnahmen und Baustellen. Wohnungslose wurden mit Bussen aus der Stadt geschafft. Einnahmen konnte Parist nicht generieren. Argumente wie „Hamburg wird auch draufzahlen“ oder „In Olympia wird Kohle versenkt“ fielen am Samstag auch. Die Hamburger*innen können voraussichtlich am 31. Mai 2026 über eine Olympia-Bewerbung abstimmen. Beim letzten Mal, das war 2015, sagte eine knappe Mehrheit: Nein.
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