Olympisches Gute-Laune-Monster: Bloß weg von der Tomate auf Beinen
Das Olympia-Maskottchen Phryge tanzt durch alle Austragungsorte – und auch noch so manch andere merkwürdige Figur.
F ast hatte es mich erwischt. Doch ich konnte dem roten Wesen, dem ich in der Basketballhalle versehentlich zu nah gekommen war, gerade noch rechtzeitig ausweichen. Jenes Gute-Laune-Monster namens Phryge tanzt durch alle Austragungsorte und wer sich nicht wehrt, der muss ein kräftiges High-Five mit dem Maskottchen der Spiele austauschen.
Wie es nicht anders sein kann, gibt es eine Geschichte hinter diesem Maskottchen. Es ist der Form einer typischen phrygischen Mütze nachgebildet und steht damit für Freiheit, lerne ich auf den olympischen Informationskanälen.
Phrygische Mütze? Die kann man auch skythische Mütze nennen, das steht zumindest auf Wikipedia, und dass sie „ursprünglich ein gegerbter Stier-Hodensack samt der umliegenden Fellpartie“ war. Mehr möchte ich gar nicht wissen.
Am Ende steckt hinter der Geschichte wieder irgendwas, das den notorischen Kulturkämpfern von rechts Brennstoff für irgendeine sinnlose Empörung über die verkommene olympische Gesellschaft dienen könnte. Für so etwas wie Diversität möglicherweise. Nicht auszudenken!
Andere merkwürdige Figuren
Also Finger weg von diesem Ding, das aussieht wie eine verwachsene Tomate auf Beinen. Aber Obacht! Es gibt auch andere merkwürdige Figuren, die durch die olympischen Anlagen streichen. „Schauen Sie mal, wer hier neben mir steht“, sagt der Sprecher in der Handballhalle, „Pierre de Coubertin!“
Da soll natürlich Freude aufkommen, wenn der Begründer der Olympischen Spiele der Neuzeit vorgestellt wird. Ein Volunteer in historischem Kostüm und mit dem mächtigen coubertinschen Schnauzer ausgestattet, mit dem selbst der Bart des legendären NDR-Walrosses Antje – die älteren erinnern sich, die jüngeren googeln bitte – nicht mithalten kann.
Wer sich mit ihm fotografieren will, darf das Foto anschließend auf irgendeinem olympischen Kanal posten – und muss sich keine weiteren Sorgen machen, dass bei der Erinnerung an den alten Sportvisionär, dessen rassistisches, kolonialistisches und frauenfeindliches Weltbild thematisiert werden könnte. Wäre ja noch schöner!
Wer mehr Glück hat, trifft auf die Person, die als Alice Milliat verkleidet in den Hallen für Selfies zur Verfügung steht. Bevor sie sich auf den Weg durchs Publikum macht, wird sie mit einem kleinen Filmchen vorgestellt. An die Schwimmerin, Ruderin, Hockeyspielerin und Autorennfahrerin, die von 1884 bis 1957 gelebt und zwischen 1922 und 1934 viermal Frauenweltspiele veranstaltet hat, wurde schon bei der Eröffnungsfeier der Spiele erinnert.
Ihr Kampf für Frauenrechte und Frauen im Sport soll unvergessen bleiben. Die Arena Porte de la Chapelle, eine der wenigen für diese Olympischen Spiele neu gebauten Sportstätten, soll nach dem Event ihren Namen tragen. Also zumindest an zweiter Stelle. Der erste Name geht natürlich auf einen Mann zurück: Adolf Dassler. Dreimal dürfen Sie raten, wie die Halle heißen wird.
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