Olympisches Gold für Vietnam: „Es lebe Hoàng Xuân Vinh!“
Im Luftpistolenschießen hat das Land seine erste olympische Goldmedaille geholt. Vietnamesen im In- und Ausland feiern den Sieger.
Hoàng Xuân Vinh heißt er, der Mann, der für die erste olympische Goldmedaille der Sozialistischen Republik Vietnam gesorgt hat. Ja, sie gleichsam aus der Luft geschossen hat.
Der 41-jährige Hoàng holte nämlich sein historisches Gold im Schießen mit der Luftpistole aus zehn Metern Entfernung. Vier Olympiateilnahmen hat er schon hinter sich, nun ein Sieg. „Ich bin froh, dass ich das erste Olympia-Gold für Vietnam gewonnen habe“, verkündete Hoàng pflichtschuldig und wenig originell nach dem Finale, das ihn vor dem Brasilianer Felipe Almeida Wu und dem Chinesen Pang Wei auf dem Treppchen platzierte. „Der brasilianische Schütze ist sehr stark“, erklärte Hoàng nach dem Wettkampf, „aber ich dachte immer nur: ‚Versuche es, versuche es, versuche es!‘ Bei meinem letzten Schuss hatte ich gar nicht mehr an Gold oder Silber gedacht.“
Gold war in der olympischen Leistungsbilanz des Landes nicht vorgesehen: Zwei Silbermedaillen bei früheren Spielen – 2000 im Taekwondo, 2008 im Gewichtheben – sorgten für einen hinteren Platz in der ewigen Nationenwertung. Deutlich, sehr deutlich hinter dem übermächtigen Nachbarn aus China, dessen Nachrichtenagentur Xinhua auch entsprechend angesäuert titelte: „Kein Gold für China am Eröffnungstag, während Vietnam bei Olympia in Rio Geschichte schreibt“.
Vietnam mit seinen 93 Millionen Einwohnern ist keinesfalls ein Land, das ohne sportliche Infrastruktur und ohne Talente auskäme. Für olympische Erfolge hat die Regierung Prämien ausgelobt, und Hoàng, der bei der Armee ist, wird gezielt im Sportschießen gefördert. Sein Trainer Nguyen Thi Nhung berichtete nach dem historischen Sieg: „Sein Erfolg ist das Ergebnis eines langen Prozesses harter Arbeit. Hoàng war noch 2010 bei den Asienspielen und 2012 bei den Olympischen Spielen gescheitert, aber nun hat er sich übertroffen und die bisherige Weltspitze bezwungen.“
Internationale Erfolge waren bislang spärlich
Die mit Abstand beliebteste Sportart in Vietnam ist der Fußball. Auch andere Disziplinen, die auf frühere Kolonialherren verweisen, etwa Rugby oder Kricket, sind verbreitet. Nur internationale Erfolge waren bislang spärlich. Entsprechend ist der Jubel im Land. Der Minister für Sport und Tourismus war nicht nur der erste Gratulant, sondern teilte auch mit, dass der Held eine Überweisung von 60 Millionen Dong, umgerechnet 2.300 Euro, zu erwarten hat.
Aber es ist nicht nur staatlicher Jubel und eine vergleichsweise hohe staatliche Prämie, die Hoàng sein künftiges Leben als Sportheld erleichtert. In den sozialen Medien wird sein Erfolg von vielen Vietnamesen, sowohl solchen, die im Land leben, als auch vielen, die im Ausland arbeiten, gefeiert. „Wir sind so stolz“, postet auf Facebook ein Nguyen Quý Đenuong aus Hanoi. „Heute ist ein historischer Tag für das gesamte vietnamesische Volk. Es lebe Hoàng Xuân Vinh!“
Und ein im Ausland lebender Vietnamese postete: „Gratulation an Brasilien! Und Gratulation an unser eigenes Land: Hoàng Xuân Vinh erzielt einen olympischen Rekord und gewinnt die zweite Goldmedaille, die bei den Spielen in Rio vergeben wurde. Ich bin stolz auf ihn.“
Wie es mit dem Sport in Vietnam weitergeht, mit internationalen Erfolgen und der Produktion von Helden und Identifikation, lässt sich schwer prognostizieren.
Das Land fühlt sich in seiner bisherigen Politik bestätigt
In jedem Fall kann sich das Land erst einmal in seiner bisherigen Politik bestätigt fühlen. Nguyen, der Trainer des Goldmedaillenschützen, drückt es so aus: „Hoang hat im genau richtigen Moment seine Leistung gezeigt. Das ist für die lange Arbeit ein erhebendes Gefühl und ein gutes Ergebnis.“
Und der Held weiß auch, was es für ihn bedeutet: „Es wird mir für mein ganzes Leben in Erinnerung bleiben.“
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