Olympia-Lobbyist Karl Valentin: Wie Olympia 72 nach München kam
Vor 50 Jahren feierte man in München Olympische Spiele. Zu verdanken hatte man das, so erzählt es eine Ausstellung in der Stadt, einem Komiker.
V om Fußball hatte Karl Valentin keine Ahnung. Beim Durchhören seines Nachlasses wird man zwar auf einen Sketch mit dem Namen „Am Fußballplatz“ stoßen, doch da ist es eher Liesl Karlstadt, die Partnerin des Komikers, die ganz begeistert von ihrem Besuch bei einem Spiel berichtet. Valentin dagegen stellt in der Rolle des total Ahnungslosen so depperte Fragen, dass man ihn für einen Fußballbanausen halten muss.
Am Ende ist es sowieso der Fußangstballpatz, der Fußplatzangstball beziehungsweise die Fußballplatzangst, die ihn davon abhält, zu einem gut besuchten Spiel zu gehen. Die 35.000 Leute, die bei dem Spiel waren, von dem Karlstadt erzählt, wären Valentin zu viel gewesen. 30.000 hätte er sich vielleicht noch eingehen lassen. Dass der scheinbar fußballdepperte Valentin aber doch etwas von dem Sport verstanden haben muss, zeigt sich, als Karlstadt ihm das Spiel schildert, in dem ihr besonders die Robinsonaden des Torwarts gefallen haben.
Der gemeine Fußballfan von heute fragt sich vielleicht an dieser Stelle, was mit „Robinsonade“ gemeint sein könnte. Valentin fragt das nicht. Er hat wohl gewusst, was 1934, als der Sketch auf Schellack erschienen ist, fast alle gewusst haben. Robinsonaden sind die Hechtsprünge des Torwarts, mit denen der englische Keeper Jack Robinson das Publikum zu Beginn des 20. Jahrhunderts so begeistert hat, dass man die Pantersprünge nach ihm benannt hat.
Vielleicht also war Valentin doch kein Fußballbanause. Dass der Sport nicht häufig in seinen Stücken vorgekommen ist, nun, das steht zweifelsfrei fest. Bei einem Sketch, der auf dem Oktoberfest spielt, schimmert immerhin die damals allgemeine Begeisterung für die Motorradartistin Kitty durch. Die konnte ihre Maschine freihändig über eine acht Meter hohe Steilwand steuern, was sie fast so populär hat werden lassen wie das Bier auf der Wiesn. Und sonst?
Malheur vor den Pixi-Klos
Valentin hat immerhin die Olympischen Spiele nach München geholt. Das jedenfalls erfährt, wer sich in München die Freiluftausstellung unter dem Isartor anschaut, in dem das Valentin-Karlstadt-Musäum zu Hause ist. Da sind erstaunliche Bilder des Komikers zu sehen, auch peinliche. So ist es glatt zu einem Malheur gekommen, als Valentin sich auf dem Olympiagelände nicht entscheiden hat können, welches von den Hunderten Pixi-Klos, vor denen er steht, denn er nun benutzen soll.
Gezeigt werden auch die Pläne Valentins, aus München eine Weltstadt zu machen. Größer und quadratischer sollte alles werden und sogar die heimatliche Küche sollte sich ändern. Der runde Leberknödel in der Suppe sollte fortan in Würfelform serviert werden. Aber kann das wirklich alles stimmen, was Andreas Koll, der langjährige Sammlungsleiter des Musäums, da zusammengetragen hat?
Es gibt ja viele Gerüchte um die Olympischen Spiele, die vor 50 Jahren in München stattgefunden haben, was den Anlass liefert für die Schau. Dass nicht alle davon stimmen, auch das ist Thema der Ausstellung. So heißt es auf einer Tafel, dass das Gerücht, Valentin habe während der Spiele an Zahnschmerzen gelitten, nicht bestätigt werden kann. Das zumindest könnte doch stimmen, oder?
Karl Valentin: Olympia, Ausstellung des Valentin-Karlstadt-Musäums im Innenhof des Isartors, bis 10. November. Kostenfrei, täglich 24 Stunden lang
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