Gedenken an Olympia-Attentat: Doch dazugelernt
Dass sich die deutsch-israelischen Beziehungen so positiv entwickelt haben, ist ein Wunder. Denn nach dem Versagen von München 1972 hätte es anders laufen können.
Vertrauensvoll: Bundespräsident Steinmeier und sein israelischer Kollege Herzog geben sich die Hand Foto: Michele Tantussi/reuters
Als vor 50 Jahren Terroristen israelische Sportler während der Olympischen Spiele in München als Geiseln nahmen, hat der bundesdeutsche Staat versagt, und das in mehrfacher Weise. Er ließ es geschehen, dass alle elf Olympioniken ermordet wurden. Anschließend gab sich die Politik unschuldig, verweigerte das Eingeständnis des Fehlverhaltens oder gar eine Entschuldigung. Die überlebenden Terroristen ließ man kurz darauf unbehelligt ziehen.
Im Jahr 1972 bestanden erst seit sieben Jahren diplomatische Beziehungen zwischen beiden Staaten, von Freundschaft konnte keine Rede sein. Vielen der Ermordeten wird es schwer gefallen sein, München, die einstige „Hauptstadt der Bewegung“, zu betreten, und damit ein Land, in dem Altnazis unbehelligt weiterwirken konnten. Das Vergessen auf deutscher Seite nach dem Attentat erinnerte frappierend an ähnliche Reaktionen nach 1945.
Bei allem Gezerre um Entschädigungszahlungen für die Hinterbliebenen gilt es 50 Jahre später festzuhalten, dass sich diese Beziehungen positiv gewandelt haben. Es ist nicht selbstverständlich, dass die Staatsoberhäupter beider Länder persönlich befreundet sind. Es ist auch nicht selbstverständlich, wie geräuschlos die Friktionen bei der Frage der Entschädigungen überwunden wurden. Und es ist erst recht nicht selbstverständlich, dass viele Israelis heute Deutschland wieder Vertrauen entgegenbringen.
Diese Entwicklung war kein Selbstläufer. Alte Wunden heilen eben nicht. Bei allen gut gewählten Worten des Bundespräsidenten und der Bitte um Verzeihung am Montag in München: Es ist vor allem die bundesdeutsche Zivilgesellschaft, die für eine Annäherung gesorgt hat. Das Eingeständnis von Schuld, aus dem die Pflicht zur Bewahrung der Erinnerung erwächst, bleibt Grundlage für das künftige Verhältnis zischen Deutschen und Israelis – aber auch, wenn es um Antisemitismus heute geht. Zu Recht werden hierzulande die NS-Gräuel verurteilt – aber viel zu selten gilt Gleiches für Judenhass ohne NS-Regime. So wie in München 1972.
Gedenken an Olympia-Attentat: Doch dazugelernt
Dass sich die deutsch-israelischen Beziehungen so positiv entwickelt haben, ist ein Wunder. Denn nach dem Versagen von München 1972 hätte es anders laufen können.
Vertrauensvoll: Bundespräsident Steinmeier und sein israelischer Kollege Herzog geben sich die Hand Foto: Michele Tantussi/reuters
Als vor 50 Jahren Terroristen israelische Sportler während der Olympischen Spiele in München als Geiseln nahmen, hat der bundesdeutsche Staat versagt, und das in mehrfacher Weise. Er ließ es geschehen, dass alle elf Olympioniken ermordet wurden. Anschließend gab sich die Politik unschuldig, verweigerte das Eingeständnis des Fehlverhaltens oder gar eine Entschuldigung. Die überlebenden Terroristen ließ man kurz darauf unbehelligt ziehen.
Im Jahr 1972 bestanden erst seit sieben Jahren diplomatische Beziehungen zwischen beiden Staaten, von Freundschaft konnte keine Rede sein. Vielen der Ermordeten wird es schwer gefallen sein, München, die einstige „Hauptstadt der Bewegung“, zu betreten, und damit ein Land, in dem Altnazis unbehelligt weiterwirken konnten. Das Vergessen auf deutscher Seite nach dem Attentat erinnerte frappierend an ähnliche Reaktionen nach 1945.
Bei allem Gezerre um Entschädigungszahlungen für die Hinterbliebenen gilt es 50 Jahre später festzuhalten, dass sich diese Beziehungen positiv gewandelt haben. Es ist nicht selbstverständlich, dass die Staatsoberhäupter beider Länder persönlich befreundet sind. Es ist auch nicht selbstverständlich, wie geräuschlos die Friktionen bei der Frage der Entschädigungen überwunden wurden. Und es ist erst recht nicht selbstverständlich, dass viele Israelis heute Deutschland wieder Vertrauen entgegenbringen.
Diese Entwicklung war kein Selbstläufer. Alte Wunden heilen eben nicht. Bei allen gut gewählten Worten des Bundespräsidenten und der Bitte um Verzeihung am Montag in München: Es ist vor allem die bundesdeutsche Zivilgesellschaft, die für eine Annäherung gesorgt hat. Das Eingeständnis von Schuld, aus dem die Pflicht zur Bewahrung der Erinnerung erwächst, bleibt Grundlage für das künftige Verhältnis zischen Deutschen und Israelis – aber auch, wenn es um Antisemitismus heute geht. Zu Recht werden hierzulande die NS-Gräuel verurteilt – aber viel zu selten gilt Gleiches für Judenhass ohne NS-Regime. So wie in München 1972.
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Kommentar von
Klaus Hillenbrand
taz-Autor
Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024
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