Oldenburgs Plan für einen Gasnotstand: Weniger Busse, um Energie zu sparen
Wegen des drohenden Gasnotstands wollen Kommunen Energie sparen. Oldenburg stellt einen Plan vor, laut dem auch der ÖPNV eingeschränkt werden soll.
![Ein Bus steht an einer Haltestelle Ein Bus steht an einer Haltestelle](https://taz.de/picture/5671132/14/bus-oldenburg-dpa-Hauke-Christian-Dittrich-1.jpg)
Niedrigere Raumtemperaturen, kaltes Wasser, weniger Busse: Die Stadt Oldenburg hat am Montag einen Plan vorgestellt, mit dem sie bis zu ein Fünftel ihrer verbrauchten Energie einsparen will. Landesweit wird derzeit diskutiert, wie Kommunen Energie sparen können, um so einem möglichen Gasnotstand in Deutschland vorzubeugen. Mit den Vorschlägen will Oldenburg eine Vorreiterrolle einnehmen. „Jede Kilowattstunde, die wir heute nicht verbrauchen, trägt dazu bei, unsere Versorgung in diesem und im nächsten Winter zu sichern“, sagt Oberbürgermeister Jürgen Krogmann.
In den vergangenen Monaten hatte eine Arbeitsgruppe Vorschläge erarbeitet. Vorgestellt wurden nun verschiedene kurz- und mittelfristige Maßnahmen. Aktuell verbrauche die Stadt etwa 41 Millionen Kilowattstunden Erdgas und 12 Millionen Kilowattstunden Strom, mit den Maßnahmen möchte die Stadt Oldenburg „vorsichtigen Schätzungen“ nach etwa 10 bis 20 Prozent Energie einsparen. Der Oberbürgermeister will sich nicht nur von russischem Gas unabhängig machen, sondern nennt auch den Klimaschutz als Motivation dafür, Energie zu sparen.
Ein Schwerpunkt der kurzfristig eingeführten Maßnahmen liegt auf der Raumtemperatur: Auf 20 Grad Celsius soll die in städtischen Büro- und Schulräumen sowie in Kindertagesstätten gesenkt werden. „Niemand soll frieren, aber: Jedes Grad macht einen Unterschied. Fachleute sagen, dass bereits ein Grad weniger Raumtemperatur zu rund sechs Prozent weniger Energieverbrauch führt“, sagt Krogmann.
Kaltes Wasser, Hallenbäder geschlossen
An Handwaschbecken im öffentlichen Raum soll es nur noch kaltes Wasser geben, dasselbe gilt für die Duschen in Sporthallen – zumindest während der Ferienzeiten. Auch die beiden Oldenburger Hallenbäder sollen bis Ende August geschlossen werden.
Die kurzfristigen Maßnahmen sollten „möglichst sofort“ umgesetzt werden, so die Stadt. Sie stößt damit innerhalb des Stadtrats überwiegend auf verständnisvolle Reaktionen. Einige Maßnahmen hätten aus Sicht der Grünen auch aus Klimaschutzgründen längst eingeführt werden können. „Die Sparmaßnahmen sind aus der Not geboren, doch sie sind auch grundsätzlich sinnvoll“, sagt die Grünen-Sprecherin Rita Schilling.
Auch dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Christoph Baak zufolge sind die Maßnahmen „alternativlos“ – er hätte sich aber eine höhere Beteiligung des Stadtrats gewünscht. Die Maßnahmen seien vom Oberbürgermeister in Abstimmung mit der Verwaltung beschlossen worden, ohne den Rat über die konkreten Schritte zu informieren.
Kontroverser diskutiert werden die mittelfristigen Maßnahmen, die ab September umgesetzt werden sollen. Oberbürgermeister Krogmann hat bereits angekündigt, mit dem Rat in den Austausch darüber zu gehen. Auch technische Details müssten dabei geklärt werden. Die Vorschläge sehen beispielsweise vor, die Arbeit zu bestimmten Zeiten ins Home-Office zu verlagern und Büros dichter zu belegen, damit einzelne Büros oder Etagen geschlossen werden können.
Energiekosten nicht auf Verbraucher umwälzen
In Abstimmung mit der Polizei möchte die Stadt außerdem die Straßenbeleuchtung und Ampeln teilweise abstellen. Eine weitere Überlegung ist, den öffentlichen Nahverkehr einzuschränken und nur noch die wichtigsten Linien in Betrieb zu halten. Weniger Busse verbrauchen auch weniger Erdgas, so die Logik.
Insbesondere diese Maßnahme wird im Stadtrat jedoch in Frage gestellt. „Die Leistungsreduzierung des ÖPNV sehen wir kritisch“, sagt die Grüne Rita Schilling. Die Vorschläge müssten noch einmal diskutiert werden. Dabei wollen die Fraktionen auch eigene Vorschläge einbringen. Die Verbraucherzentrale Niedersachsen warnt auf taz-Anfrage davor, die Energiekosten auf die privaten Verbraucher abzuwälzen.
Weil Oldenburg mit dem Programm vorangegangen sei, könnten die Überlegungen auch in die Energiesparpläne anderer Kommunen einbezogen werden, sagt Stephan Meyn, Pressesprecher des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes. Zugleich wünsche sich der Städte- und Gemeindebund ein einheitliches Vorgehen der Kommunen und hoffe auf Vorgaben des Landes, mit dem man in engem Austausch stünde.
Die Stadt Oldenburg will mit ihren Maßnahmen nicht nur selbst zum Energiesparen beitragen. Sie sollen auch als „Sparimpuls an die Bevölkerung“ dienen. Krogmann sagt: „Wir können die Energiekrise nur gemeinsam meistern.“
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