Olaf Scholz auf UN-Klimagipfel: Mehr Geld fürs Klima
Der Kanzler kündigt in Scharm al-Scheich die Aufstockung der internationalen Klimafinanzierung an. Aktivisten sehen Berlins Klimapolitik kritisch.
Der Umstieg auf erneuerbare Energien und die Einsparung fossiler Brennstoff sei nicht nur aus Klimaschutzgründen nötig. Er sei auch ein „sicherheitspolitischer Imperativ“, sagte Scholz. Der Kanzler betonte, dass Deutschland trotz der vorübergehenden stärkeren Nutzung von Kohle und Öl zu seinen Klimaschutzversprechen stehe und bis 2045 klimaneutral werden wolle. Das bedeutet, dass der Ausstoß von klimaschädlichen Gasen vollständig durch deren Aufnahme etwa in Böden, Wäldern oder Ozeanen ausgeglichen wird.
In seiner Rede warnte Scholz vor einer „Renaissance der fossilen Energien“ wie Öl, Gas und Kohle. „Für Deutschland sage ich: Es wird sie auch nicht geben.“ Zuletzt hatten der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die damit verbundene Abkopplung von russischen Gaslieferungen aber dazu geführt, dass die deutschen Kohlekraftwerke länger am Netz bleiben und die Bundesregierung die Erschließung von Gasfeldern zum Beispiel in Afrika fördern will.
Bereits im Mai hatte Scholz dem Senegal Unterstützung bei der Erschließung eines Gasfeldes vor der Küste versprochen. Das kleine Land in Westafrika soll zumindest einen Teil der Lücke füllen, die durch das fehlende Gas aus Russland entstanden ist.
Skepsis bei Klimaschützern
Klimaschützer reagieren kritisch auf das Versprechen von Kanzler Olaf Scholz, Deutschland werde „ohne Wenn und Aber“ aus Öl, Gas und Kohle aussteigen. Dies sei eine „Täuschung der internationalen Öffentlichkeit“, wenn Scholz gleichzeitig Geld für neue Gasfelder in Afrika bereitstellen wolle, die die Klimakrise anheizen, sagte der geschäftsführende Vorstand von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser, am Rande der UN-Klimakonferenz in Ägypten. Wenn der Kanzler sein Bekenntnis in Scharm al-Scheich ernst meine, dürfe kein einziger Euro deutscher Steuergelder mehr in neue Gasfelder fließen. „Daran wird sich Kanzler Scholz persönlich messen lassen müssen.“
Viviane Raddatz vom WWF Deutschland erklärte, Scholz distanziere sich zwar von einer „Renaissance“ fossiler Energien – doch habe Deutschland diese Entwicklung mit Bemühungen um neue Gasquellen zum großen Teil selbst ausgelöst. Auch der politische Geschäftsführer von Germanwatch, Christoph Bals, sagte, an seinem Versprechen zum Ausstieg aus den fossilen Energien müsse sich Scholz ab jetzt messen lassen. „Er muss den Weg frei machen für einen Prüfprozess, der genau dies sicherstellt.“ Der kurzfristig notwendige Ersatz von russischem Gas müsse so organisiert werden, dass er mit den Klimazielen vereinbar sei.
Danach sieht es aber nach Einschätzung der Wissenschaft nicht aus: Nur zwei Tage vor dem Start der Beratungen in Ägypten hatte der unabhängige Expertenrat die deutschen Klimaschutzbemühungen als unzureichend abgewatscht – auch wenn die um Nüchternheit bemühten Fachleute das nie so formulieren würden. Ihr Fazit: Es ist unwahrscheinlich, dass Deutschland sein Ziel, den Ausstoß an Treibhausgasen bis 2030 um mindestens 65 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken, noch schaffen kann.
Kritik übten die Umweltorganisationen auch an Scholz' Ankündigung, 170 Millionen Euro für einen neuen Schutzschirm für Klimarisiken zur Verfügung zu stellen. Finanziert wird dies aus den jährlichen Mitteln für den Kampf gegen den Klimawandel, die bis 2025 von 5,3 auf 6 Milliarden Euro steigen sollen. Dazu sagte WWF-Expertin Raddatz: Die Aufstockung auf 6 Milliarden Euro bis 2025 habe bei der letzten COP in Schottland schon Amtsvorgängerin Angela Merkel angekündigt. „Damit blieben neue Signale von Bundeskanzler Scholz aus, die positive Bewegung in die Verhandlungen in Scharm al-Scheich hätten bringen können.“
Von Germanwatch hieß es dagegen, Deutschland etabliere sich mit den angekündigten 170 Millionen Euro für einen globalen Schutzschirm gegen Schäden und Verluste als Vorreiter unter den Industrieländern. Damit sei ein guter Anfang gemacht. „Mit Blick auf die tatsächlichen Schäden und Verluste durch die Klimakrise ist die Summe allerdings nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“
Dutzende von Staatschefs bei der Klimakonferenz
Am Dienstag setzen auf der Weltklimakonferenz die Vertreter von rund 200 Staaten ihre Beratungen über einen verstärkten Kampf gegen die Erderwärmung fort. Scholz nimmt am Vormittag an mehreren hochrangig besetzten Runden teil. Dabei geht es unter anderem um ein geplantes Schutzschild gegen Klimarisiken und den von ihm angestoßenen „Klimaclub“, in dem Staaten sich auf Ziele und Standards für klimafreundlicheres Wirtschaften verständigen sollen. Zudem plant der Kanzler bilaterale Gespräche mit Staats- und Regierungschefs von Ägypten, Pakistan, Kolumbien, Kenia und Tadschikistan.
Vor dem Plenum reden am zweiten und letzten Tags des Gipfelsegments zudem erneut Dutzende Staats- und Regierungschefs, unter anderem aus Pakistan, Polen, Südafrika sowie Portugal und der Europäischen Union. Vom ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski, dessen Land einen Angriffskrieg Russlands abwehrt, wird eine Videobotschaft erwartet. Der Gipfel dauert bis Ende kommender Woche. Vor Ort am Roten Meer sind 45.000 Teilnehmer registriert.
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