Österreichs grüne Superministerin: Gestatten, Gewessler

Die 43-Jährige Leonore Gewessler ist der Shooting-Star der österreichischen Grünen. Nun soll sie erste Klimaministerin werden.

Leonore Gewessler steht vor Fahnen.

Noch nur Nationalratsabgeordnete der Grünen: Leonore Gewessler Foto: imago-images/Alex Halada

WIEN taz | Wenn es in Österreichs jüngster Politik eine Senkrechtstarterin gibt, dann die 43-jährige Leonore Gewessler. Vor wenig mehr als einem halben Jahr nur Insidern aus der NGO-Szene bekannt, wird sie in wenigen Tagen ein Mega-Ministerium leiten.

Und zwar das Schlüsselressort für die Grünen, mit dem diese ihrer Wählerschaft beweisen müssen, dass es sich lohnt, auch schmerzhafte Kompromisse einzugehen. Das bisherige Infrastrukturministerium wird um die Bereiche Umwelt und Energie erweitert und damit zu einem Klimaministerium. Und dafür ist Gewessler vorgesehen.

Im Juni legte sie nach fünf Jahren die Geschäftsführung der Umwelt-NGO Global 2000 zurück, um auf dem prominenten zweiten Listenplatz für den Nationalrat zu kandidieren. Auf ausdrücklichen Wunsch von Parteichef Werner Kogler, für den die Umweltaktivistin eine zuverlässige Beraterin in Sachen internationaler Handelsabkommen gewesen war.

Denn bei Kampagnen gegen die Handelsabkommen TTIP und CETA, für den Kohleausstieg Österreichs und gegen den Bau der dritten Flughafenpiste in Wien-Schwechat hatte sie die Auseinandersetzung mit den Unternehmern und konservativen Politikern bereits geprobt.

Harte Verhandlerin

Die Erfahrung war in den Verhandlungen mit der ÖVP sicher hilfreich. Dort fand sie als Gegenüber die frühere Landwirtschafts- und Umweltministerin Elisabeth Köstinger, mit der sie auf diversen Diskussionspodien wegen deren wenig ambitionierter Klimapolitik immer wieder zusammengekracht war.

Global 2000 darf sich anrechnen, dass die Kohleverstromung in Österreich mit kommendem Frühjahr ausläuft. Das umstrittene grenznahe Atomkraftwerk Mochovce in der Slowakei wird zwar nicht verschrottet, muss aber dank einer Kampagne von Global 2000 und der Kronen Zeitung einer internationalen Überprüfung unterzogen werden, bevor es in Betrieb gehen kann. Auch an der Europäischen Bürgerinitiative „Stop Glyphosat“ zum Schutz der natürlichen Vielfalt war Gewessler mit der Umwelt-NGO beteiligt.

Internationale Erfahrung sammelte die Politikwissenschaftlerin sechs Jahre lang als Direktorin der Green European Foundation in Brüssel, eine vom Europaparlament finanzierte Stiftung mit enger Verbindung zu den europäischen Grünen. Davor hatte sie als Büroleiterin bei der Bezirksvorstehung im Wiener Bezirk Neubau bereits die Grünen kennen gelernt. Wiens 7. Gemeindebezirk war der erste grün regierte Bezirk der Bundeshauptstadt.

Gewessler hat das mit 60 Seiten umfangreichste Kapitel im Regierungspakt erstritten und sich dafür entsprechende Ressourcen zusagen lassen. Es geht um erneuerbare Energien und Ausbau des öffentlichen Verkehrs. „Die Photovoltaik-Förderung ist zu Jahresbeginn nach drei Minuten ausgeschöpft. Das zeigt: Die Leute wollen, aber wir lassen sie oft nicht“, klagte sie.

Die Besteuerung der CO2-Emissionen soll 2022 über eine ökosoziale Steuerreform kommen. Flugtickets sollen schon früher belastet werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.