Österreichs Parlament konstituiert sich: Philippa Strache wird wild
Die FPÖ schließt die Frau ihres früheren Chefs Heinz-Christian Strache aus der Fraktion aus. Die kann dem sogar etwas Positives abgewinnen.
Das ist weniger aufregend, als es klingt. Philippa werde „das Parlament rocken“, frohlockte auf Twitter einer ihrer Fans in offensichtlicher Unkenntnis der parlamentarischen Regeln. Fraktionslose Abgeordnete sitzen in keinen Ausschüssen, wo die eigentliche parlamentarische Arbeit erledigt wird. Sie dürfen zwar Reden halten, kommen aber meist erst dann an die Reihe, wenn alles gesagt ist und die Fernsehkamera großteils leere Reihen zeigt.
Von der FPÖ trennen sie räumlich die Fraktionen der Grünen und der Neos, ob sie sich inhaltlich von den Rechtspopulisten entfernt, werden die Abstimmungen zeigen. Philippa Strache fand im Interview mit der Gratiszeitung OE24 auch eine trostreiche Seite ihres Daseins: „Ich unterliege keinem Fraktionszwang, das ist eine große Freiheit.“ Kein Fraktionschef kann sie also zwingen, gegen ihr Gewissen die Parteilinie zu vertreten. An der Wahl von Norbert Hofer (FPÖ) zum Dritten Nationalratspräsidenten nahm sie nicht mehr teil.
Philippa Strache ist die Ehefrau des ehemaligen FPÖ-Chefs Heinz-Christian gleichen Namens, der in Ungnade gefallen ist, nachdem das berüchtigte Ibiza-Video ihn im vergangenen Mai als käuflichen Opportunisten entlarvt hatte, der für illegale Parteispenden zum Ausverkauf der Republik bereit ist.
Mandat als Trostpflaster
Dem plötzlich ohne Ämter und Einkommen dastehenden Strache wurde damals als Trostpflaster ein Nationalratsmandat für seine Frau Philippa angeboten, die als ehemaliges Model und Tierschutzbeauftragte der FPÖ ein Star in den Boulevard-Medien war. Ihr tiefer Fall folgte wenige Tage vor den Nationalratswahlen am 29. September, als publik wurde, dass Strache auf Parteikosten über ein hohes Spesenkonto verfügte und Philippa für ihr „ehrenamtliches“ Wirken mit monatlich 9.500 Euro entschädigt worden war – auf Drängen ihres Ehemanns und offenbar an den Gremien vorbei. Außerdem wird gegen beide Straches wegen möglicher betrügerischer Abrechnungen ermittelt. Seither meiden FPÖ-Politiker das ehemalige Glamour-Paar, als wären sie Lepra-Kranke.
Die FPÖ wollte durch den Trick, dass ein auf zwei verschiedenen Listen gesetzter Kandidat sein Wiener Mandat annehmen sollte, den Einzug von Philippa Strache ins Parlament verhindern. Doch die Wiener Landeswahlbehörde entschied auf Grundlage der Gesetze anders. Philippa Strache kann jetzt zumindest für das Familieneinkommen sorgen, während sich Heinz-Christian um den zehn Monate alten Sohn Hendrik kümmert.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Gerichtsentscheidung zu Birkenstock
Streit um die Sandale