Österreichs Kanzler Sebastian Kurz: Die Bräune eines Schnitzels
Kurz ist in den Chor der Rechtspopulisten gegen den Brüsseler Regulierungswahn eingefallen. Was ihm dazu einfiel? Ziemlich altes Fett.

Wenn es um das Kulturgut Wiener Schnitzel geht, versteht der Österreicher keinen Spaß. Das weiß auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der sich in der Zielgerade in den Wahlkampf zum Europäischen Parlament einschaltet. „Kein Mensch braucht EU-Vorgaben, etwa für die Zubereitung von Schnitzel und Pommes“, verkündete er am Wochenende.
Ganz im Stil der Rechtspopulisten, die nur die Schlagwörter „Brüssel“ und „Regulierungswahn“ ins Volk werfen müssen, um Emotionen aufzuwühlen, zog Kurz bei einem Auftritt gegen die „Bevormundung von Brüssel“ vom Leder: „Statt ständig mehr Geld zu verlangen, sollte die EU aufhören, den Menschen immer mehr vorzuschreiben, wie sie zu leben haben.“
Folgerichtig sollen 1.000 EU-Gesetze nach dem Willen des Kanzlers gestrichen werden. Allerdings fiel weder Kurz noch seinem Vertrauten Gernot Blümel außer der Schnitzel-Verordnung noch eine konkrete Richtlinie ein, deren Abschaffung das Leben ihrer Wähler leichter machen würde.
Das legendäre Wiener Schnitzel ist plakativ genug. Ein hauchdünnes Stück Kalb oder Schwein wird in eine Panier aus Mehl, Ei und Semmelbröseln verpackt und in reichlich Öl knusprig herausgebraten. In bodenständigen Wirtshäusern ragt es über den Tellerrand hinaus. Die EU-Richtlinie, in wie viel Fett und mit welcher Bräune das Nationalgericht zubereitet werden soll, klingt wie ein Aprilscherz – und ist es auch.
Vor vier Jahren hatte die Tageszeitung Die Presse ihre Leser mit der alarmierenden Behauptung „Der Panier droht ein EU-Verbot“ in den April geschickt. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache reagierte damals sofort mit einem erregten Facebook-Posting auf den vermeintlichen Anschlag auf österreichische Esskultur.
Obwohl der Hoax am folgenden Tag aufgeklärt wurde, dient der FPÖ das „Schnitzel-Gesetz“ noch immer gelegentlich als illustratives Beispiel für den Regulierungswahn. Willkommen im Klub der Brüssel-Basher, Sebastian Kurz!
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