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Ölbohrungen an der OstseeküsteBloß nicht Fracking sagen

An der Ostseeküste wird nach Öl gebohrt. Die ausführende Firma sagt, es sei kein Fracking. Bürgerinitiativen vor Ort zweifeln das an.

Die Bohranlage der deutsch-kanadischen Firma CEP auf Usedom. Bild: dpa

BERLIN taz | Am Montag hat die deutsch-kanadische Firma Central European Petroleum (CEP) an der Ostseeküste in Mecklenburg-Vorpommern einen weiteren Schritt gemacht, um eine neue Erdöllagerstätte zu erschließen: Bereits vor drei Jahren war das Bohrloch fertig gestellt worden, rund 2.700 Meter tief, dann noch mal 1.000 Meter horizontal in der Erdöl-führenden Schicht entlang.

Nun begann die Firma damit, insgesamt 1.500 Tonnen Flüssigkeit einzupumpen, um das Gestein entlang der Bohrung für eine Testförderung aufzubrechen. Oder will sie es „öffnen“, wie es bei CEP heißt? Der Unterschied ist nicht nur rein sprachlicher Natur, denn der englische Begriff für aufbrechen ist „fracking“ und damit ist der Salat angerichtet.

Deutschland debattiert über „Fracking“, darunter versteht sich jene Fördermethode von Öl und Gas, die in den USA ganze Landstriche mit Bohrlöchern überzieht und immer wieder das Grundwasser verschmutzt, weil giftige Flüssigkeiten das Gestein aufbrechen. In Deutschland wird die Methode von Bürgerinitiativen, Umweltverbänden und Politikern aller Couleur abgelehnt.

CEP meidet das Wort Fracking deshalb wie der Abstinenzler den Schnaps, es ist offenbar politisch zu aufgeladen. Und: „Es handelt sich nicht um Fracking“, sagt ein Sprecher am Telefon. Die Flüssigkeit, die man in der Barth 11 genannten Bohrung einsetzt, sei völlig ungefährlich. CleanStim heißt sie. Angeblich haben sie ein paar Öl-Manager auch schon getrunken.

Zudem handle es sich um konventionelles Fracking, wie man es in Deutschland schon seit den 1960er-Jahren anwende. Dabei wird das Gestein einmal aufgebrochen, weil es sich um das Bohrloch verdichtet hat. Danach fließt es jahrelang ohne weiteres Zutun. Kein Vergleich zu den Fracks in den USA, wo das Gestein ständig neu aufgebrochen werden muss, weil das Öl oder das Gas nicht von selbst strömt.

Doch Bürgerinitiativen vor Ort zweifeln an den Angaben von CEP. „Die beabsichtigte Erdöl- und Erdgasförderung kann nicht von der Praxis des Frackings abgegrenzt werden“, heißt es in einer umfassenden Erörterung der Bürgerinitiative Lebensraum Vorpommern. Während CEP behauptet, in Mecklenburg-Vorpommern gebe es überhaupt nicht jene Gesteinsschichten, in denen man in der Form wie in den USA frackt, präsentiert die Bürgerinitiativen offizielle Karten der Bundesanstalt für Geowissenschaften, in denen eben diese Vorkommen vor Ort verzeichnet sind.

Wer nun recht hat? Die Große Koalition plant ein Gesetz, in dem grundsätzlich alle Öl- und Gasbohrungen in Deutschland neu geregelt werden – egal ob die Fördertechnik das Gestein „öffnet“ oder „aufbricht“.

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3 Kommentare

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  • Die eingepumpte Flüssigkeit ist gar nicht das größte Problem sondern der Flowback, die Flüssigkeit die nach dem fracken wieder aufsteigt. Bin mir sicher, dass die Herren von CEP davon niemals naschen würden. Die Risiken beim fracken sind noch lange nicht überschaubar. Bei der dynamischen Entwicklung erneuerbarer Alternativen ist es in meinen Augen sinnlos dieses Risiko einzugehen.

  • "...um das Gestein entlang der Bohrung für eine Testförderung aufzubrechen"?

     

    Was ist denn das für eine merkwürdige Fördermethode? Nach allem, was mir die Logik sagt, tut man gut daran, "das Gestein entlang der Bohrung" möglichst dicht zu halten, um zu verhindern, dass das Öl (oder auch die zum "Nicht-Fracking" spaßeshalber eingepresste harmlose, trinkbare Flüssigkeit) in wasserführende Schichten entlang der Bohrung eindringt und das Grundwasser verseucht (bzw. im Fall der harmlosen, trinkbaren Flüssigkeit natürlich "veredelt").

     

    Falls Sie, lieber Volker Arzt, da nicht etwas missverstanden haben und die Aussage tatsächlich so von CEP kommt, sollte man das verlogene Gesindel sofort mit Knüppeln und Mistgabeln aus dem Land jagen.

     

    Was mich - als Verfasser des ersten Beitrags - erschreckt: Das Thema scheint tatsächlich niemenden zu interessieren?!

    • @Bitbändiger:

      Schauen Sie sich mal die mitunter sehr informativen 3D-Animationen zu fracking auf youtube an. Der Artikel ist in weiten Teilen nicht detailliert genug.

      Aufgebrochen wird das Gestein nur in der horizontalen Bohrung, schließlich will man das Öl/Gas-führende Zielgestein fracken und nicht, wie sie richtig erkannt haben andere möglicherweise wasserführende Schichten.

       

      Dass die Bohrfirmen den Begriff Fracking nicht mehr in den Mund nehmen wollen ist natürlich völlig verständlich.

      Technisch gesehen handelt es sich aber in jeden Fall um Hydraulic Fracturing und damit um Fracking.

       

      Ob man es nun Fracking nennt oder nicht sollte aber nicht die Entscheidung beeinflussen ob man solche Fördermethoden im Einzelfall einsetzt.