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Öl-Krise im Golf von MexikoDie Wahrheit sickert nur spärlich durch

BP wusste schon Monate vor der Explosion der "Deepwater Horizon" über Mängel an der Plattform Bescheid und ignorierte sie. Das wahre Ausmaß der Ölpest verschweigt der Konzern.

Um das Strafmaß gegen BP zu drücken, spielt der Konzern die Katastrophe herunter: BP-Chef Tony Hayward. Bild: ap

ROBERT/USA apn/afp | Der britische Ölriese BP hatte offenbar schon Monate vor der Explosion der Ölplattform "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko Sorge um die Sicherheit der Bohrinsel – und setzte sich nach einem Medienbericht dennoch über konzerneigene Bestimmungen hinweg.

Wie die Zeitung New York Times am Samstagabend unter Berufung auf interne Dokumente des Unternehmens berichtete, hätten BP-Ingenieure bereits am 22. Juni 2009 ihre Bedenken darüber geäußert, dass eine Metallverschalung, die der Konzern am Bohrloch zum Einsatz bringen wollte, unter großem Druck kollabieren könnte.

"Das wäre sicherlich der schlimmste anzunehmende Fall", warnte der Zeitung zufolge ein Ingenieur des Ölkonzerns in dem BP-Bericht. "Aber ich habe es schon mal erlebt, also seid euch bewusst, dass es passieren kann." BP habe dennoch an der Verwendung der Verschalung festgehalten und sich dafür eine spezielle Erlaubnis von Verantwortlichen des Konzerns eingeholt, schreibt die Zeitung weiter. Diese Genehmigung war demnach erforderlich, weil die Sicherheitsbestimmungen, die sich das Unternehmen selbst auferlegt hat, verletzt wurden.

Seither hat der Konzern das tatsächliche Ausmaß der Katastrophe zu nahezu jedem Zeitpunkt seit der ersten Explosion auf der "Deepwater Horizon" heruntergespielt. Und die Aussagen des Konzerns zu fast jedem Aspekt, von der Menge des austretenden Öls über die Folgen für die Umwelt bis zu den Versuchen, das Leck zu stoppen, erwiesen sich im Nachhinein als falsch.

Etwa hieß es zunächst, es trete gar kein Öl aus, dann waren es rund 160.000 Liter täglich, dann 800.000 Liter. Jetzt erklären Wissenschaftler, es könnte auch fünfmal so viel Öl sein. Immer tat sich BP schwer damit zuzugeben, dass das Ölleck wohl doch größer sei, als das Unternehmen öffentlich zugegeben hatte.

Ein Grund für BP, die Schätzungen so niedrig wie möglich zu halten, ist sicher, dass sich die Höhe der mögliche Strafen gegen BP einem US-Bundesgesetz zufolge nach der Größe des Lecks richtet.

Erst am Freitag bestätigte BP-Sprecher David Nicholas, dass die Obergrenze der Schätzungen von BP, der Küstenwacht und der Ozeanografiebehörde (NOAA) zur Menge des austretenden Öls inzwischen bei 2,23 Millionen Litern täglich liege. Erst tags zuvor war BP bereit gewesen einzuräumen, dass die Ölmenge doch größer sei als die bislang genannten fast 800.000 Liter. Experten räumen ein, es sei nicht einfach, ein Leck in 1.500 Meter Tiefe zu messen. Die Technik dafür wird weitgehend von BP kontrolliert.

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5 Kommentare

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  • JF
    Janina friedel

    icke vinde dat dat fol de kake is!

  • W
    Westberliner

    Dreckschweine

  • O
    Overkill

    Naja, warten wir mal ab, was uns die Laufzeitverlängerung von Biblis so alles bringt...

  • W
    Wolfgang

    Die "Ölpest" des Profit-Systems macht keinen Halt vor Kubas Küste.

     

    Der riesige Ölteppich wird auch vor Kubas Küste keinen Halt machen. Die USA sprechen inzwischen auch mit Kuba über eine Zusammenarbeit bei der Bewältigung der Ölpest - des BP-Weltkonzerns.

     

    Laut Aussagen der Experten strömten bereits bis zum 20. Mai 2010 mehr als 12. Millionen Barrel in den Golf von Mexiko. Zu diesem Zeitpunkt hatte nur der schwimmende Öl-Teppich bereits eine Breite von über 300 und eine Länge von mehr als 280 Meilen. (latina-press)

     

    Die parasitäre ökonomische und gesellschaftspolitische Schicht, die auf Kosten der Natur und der überwältigenden Bevölkerungsmehrheit lebt und sich bereichert, weiß sehr gut, dass die Tage ihrer ökonomischen, ideologischen, politischen und militärischen Herrschaft gezählt sind, wenn sich die bisherigen menschlichen Opfer ihrer Kraft, ihrer Aufgaben bewusst werden und einheitlich und geschlossen handeln.

     

    Trotz alledem!

  • M
    marina

    Vielleicht sollte man aufhören zu fordern, BP solle/dürfe die Sache selbst berechnen und dazu übergehen zu fordern, dass BP alle nötigen Parameter zur Verfügung stellt + der Absicherung und dem Nachweis von Richtigkeit durch Darstellung der Erhebungsmethode dieser Werte. Dazu würden verschiedene Drücke zählen, das Volumen der Kammer, die Größe des Lochs (ich hab irgendwo 50cm gelesen?) usw, was weiß ich, für sowas gibt es doch wohl ne Unzahl Physiker und Meeresforscher auf dieser runden Kugel. Wo sind die überhaupt alle? Spielen die im CERN schon wieder mit Brotkrumen oder was?

    Ich meine was soll denn dieser Kindergarten? BP gehört vielleicht das Loch da unten und aufgrund kruder Rechtssysteme auch sicher der Inhalt der Kammer usw., wobei Eigentum ja verpflichtet und BP diese Pflicht offensichtlich VOLLES ROHR ignoriert hat; und sicher wird man Firmengeheimnisse wahren wollen, aber wenn in Tschernobyl ein Atomkraftwerk hochgeht kann Profitinteresse nicht vor Wahrheitsrevelation gehen, weil dann können wir die Gerichte abschaffen und Geld sparen; aber wie soll man denn bitteschön noch irgend einer von BP errechneten Zahl vertrauen? Können die da überhaupt rechnen, muss man sich mittlerweile schon fragen! Es ist auch völlig absurd, dass die das selbst erheben dürfen und verbieten dürfen, dass das noch irgendwer anders macht, herrje das ist nur ne Ölfirma, nicht irgend ein Gott oder Superheld oder sonst ne superiore Comicfigur mit Laserstrahelen aus den Augen oder was!? Das immer alle wegen Geld soviel kuschen müssen ist wirklich ultrapeinlich: wenn BP wenigstens ne intellektuelle Instanz wäre oder irgend ein Weltretter oder ein 500 Jahre alter Mann, dann könnte ich Zurückhaltung in diesem Punkt vielleicht verstehen, aber BP ist nicht intellektuell - sie können nicht mal rechnen und ehrlich sind sie auch nicht - sie haben NUR GELD; von dem das Meiste auch nicht mal real existiert, sondern entweder in Ölform in der Erde liegt oder als elektronische Zahl auf irgend einem Konto bzw. 300 Konten rumelektrisiert. Sie sind zur Wahrheit einfach nicht fähig!

     

    Ein sonst irgendwo auf diesem Planeten Angeklagter hat auch nicht das Exklusiv-Recht, seine Informationen bezüglich seiner Anklage absolut selbst zu erstellen, das würde Gerichte ja völlig überflüssig machen und ganze Myriaden von Anwälten arbeitslos machen (was mal sicher nicht im Interesse von BP ist, weil ohne Anwälte wären die auch schon untergegangen,so wie jeder Riesenkonzern)! Wieso aber darf denn BP das Recht beanspruchen, als einzige Instanz exklusiv Informationen über ihr eigenes Delikt preiszugeben bitteschön? Wann hat die Welt dem denn zugestimmt? War ich da einkaufen oder so? Gehört denen jetzt neben dem Meer auch noch die Rechtssprechung über 6.700.000.000 Menschen oder wie? Der Atlantik heißt nicht umsonst WELTMEER; was in den Weltmeeren umkippt, kippt überall noch was anderes um und es sieht wohl nicht so aus, als ob das Loch demnächst dicht wäre. Ich meine, es geht schließlich nicht um ne Katastrophe in nem Teich von Berlin. Diese Leute haben alles ignoriert, woran sich sonst jeder halten muss und sie haben es gerne gemacht und wenn man es genau nimmt, sollte BP das Recht Informationen über die Sache preiszugeben abgesprochen werden, da evidente Betrugsgefahr besteht (126.000L/tag; 800.000L/tag, 2.230.000 L/tag ....)