Ökopersonal bei den Vereinten Nationen: Die neuen Grünhelme

Patricia Espinosa wird neue Klimachefin der Uno, Erik Solheim übernimmt das Umweltprogramm. Eine kluge Entscheidung.

Eine Frau, Patricia Espinosa Cantallano

Die Frau mit dem Hammer: Patricia Espinosa Cantallano, mexikanische Außenministerin, übernimmt ab 1. Juli das UN-Klimasekretariat Foto: reuters

BERLIN taz | Am 11.Dezember 2010 wurde Patricia Espinosa mit einem Hammerschlag berühmt. Tagelang hatten die Delegierten auf der UN-Klimakonferenz um ein Abschlussdokument gerungen, nach einer quälenden Nachtsitzung in der schwülen Hitze des mexikanischen Badeorts Cancún stellte sich nur noch Bolivien gegen den Kompromiss.

Und Espinosa, als mexikanische Außenministerin die Präsidentin der Konferenz, knallte am frühen Morgen den Hammer auf den Tisch, erklärte das „Cancún Agreement“ für angenommen und gleich noch ihre Interpretation der UN-Regeln: „Konsens bedeutet nicht Einstimmigkeit“.

Da muss sie in Zukunft vorsichtiger sein. Denn Espinosa soll ab dem 7.Juli das Klimasekretariat der UN leiten, hat UN-Generalsekretär Ban Ki Moon jetzt verkündet. Damit wird sie die oberste Vermittlerin im internationalen Klimageschäft und darf niemanden vor den Kopf stoßen.

Es geht um die Umsetzung des Pariser Abkommens

Ihren Ruf hat sie 2010 allerdings durch entschlossenes Handeln begründet: Die Delegierten von fast 200 Staaten jubelten, Bolivien drohte mit juristischen Schritten, die aber folgenlos blieben. Und Espinosa wurde zur Heldin der Klimabewegung. Sie hatte bewiesen dass die Weltgemeinschaft ein Jahr nach dem Scheitern des Gipfels von Kopenhagen doch noch zu Entscheidungen kommen konnte.

Damit wechselt Patricia Espinosa Cantellano, 57, von Berlin nach Bonn: Aus der deutschen Hauptstadt, wo sie seit 2013 Botschafterin ihres Landes ist, zum UNFCCC-Hauptquartier an den Rhein. Mit Deutschland ist Espinosa vertraut: Sie besuchte die deutsche Schule in Mexiko Stadt, verbrachte ein Schuljahr in Ahrensburg und diente bereits 2001-2002 als mexikanische Botschafterin.

Nicht erst seit dem Gipfel von Cancún wird Espinosa als erfolgreiche Diplomatin geschätzt. Sie gilt als zugewandt, freundlich, aber zielgerichtet – Eigenschaften, die ihr als UNFCCC-Chefin nutzen werden. Die Behörde ist für den gesamten organisatorischen Apparat des multilateralen Klimaschutzes zuständig, muss Konferenzen organisieren, die Verbindung zu allen 195 Vertragsparteien halten, Dokumente und Prozesse juristisch absichern.

Espinosa folgt auf Christiana Figueres, die die Behörde nach der Katastrophe von Kopenhagen fit machte für den Erfolg beim Klimagipfel von Paris im Dezember 2015. Espinosas Hauptaufgabe wird es sein, die Umsetzung des „Pariser Abkommens“ zu sichern. Denn die hehren Ziele zum Klimaschutz müssen bis 2020 mit Leben gefüllt werden: Die Staaten müssen Emissionen senken, Wälder schützen, Kohle und Öl gegen Erneuerbare tauschen, Gelder für arme Länder bereitstellen.

Von Oslo nach Nairobi

Wichtigster Partner in der UNO wird für die Chefin der Klimabehörde der neue Chef des UN-Umweltprogramms sein, Erik Solheim. Auch die Ernennung des 61jährigen ehemaligen norwegischen Umweltministers gab die UNO nun bekannt. Solheim leitete seit 2013 den Ausschuss für Entwicklungshilfe bei der OECD, dem Club der reichen Industrieländer.

Das ist sicher kein Zufall: Im Klimaschutz, aber vor allem auch in den Zielen zur nachhaltigen Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDG), die von den UN-Staaten 2015 angenommen wurden, ist die Verbindung von Umweltschutz und Armutsbekämpfung sehr deutlich.

Der sozialistische Politiker kennt die Thematik schon länger: Für die norwegische Regierung arbeitete er auf Sri Lanka und wurde später erst Minister für Entwicklungshilfe, dann für Umwelt. Nun zieht er ins Unep-Hauptquartier nach Nairobi in Kenia.

Mit der Berufung von Espinosa und Solheim unterstreicht Ban Ki-Moon, wie wichtig diese Ämter sind. Denn andere UN-Führungsposten werden derzeit nicht neu besetzt, weil die Amtszeit des Generalsekretärs Ende 2016 endet.

Für das UNFCCC wählte der UN-Chef eine Diplomatin aus einem der wichtigen Schwellenländer, das selbst erlebt, wie schwierig „nachhaltige Entwicklung“ sein kann. Mexiko ist zwischen Wirtschaftswachstum, Drogenkrieg und Armutsbekämpfung zerrissen, es verspricht viel beim Klimaschutz, finanziert aber gleichzeitig jeden dritten Peso seines Haushalts über den staatlichen Ölkonzern Pemex.

Die Berufung Solheims wiederum ist auch ein Signal an die reichen Industriestaaten, sich in der globalen Umweltpolitik stärker zu engagieren. Norwegen sitzt auf einem Staatsvermögen von 800 Milliarden Dollar aus dem Öl- und Gasgeschäft. Die fossilen Brennstoffe finanzieren den laufenden Haushalt zu 30 Prozent. Trotzdem investiert es jedes Jahr etwa 300 Millionen Euro etwa für Waldschutz in den Tropen.

Ein anderer großer Spender ging dagegen leer aus: Deutschland konnte seinen Kandidaten, Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth, nicht durchsetzen. Flasbarths Pass sprach allerdings auch gegen ihn: Nach dem seit 2006 amtierenden Unep-Chef Achim Steiner und dessen Vorgänger Klaus Töpfer (1998-2006) sollte die UN-Ökobehörde wohl kein Erbhof der Deutschen werden. Die sind jetzt allerdings in Leitungsfunktionen der UNO gleich kaum noch vertreten, obwohl sie nach den USA und Japan die drittgrößten Geldgeber der Organisation sind.

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