Ökonomie in Europa: EU spart sich den Aufschwung

Deutschland soll mehr für die Konjunktur tun, sagt die EU-Kommission. Doch Finanzminister Schäuble will nichts davon wissen.

Das Foto zeigt Wolfgang Schäuble.

Wolfgang Schäuble hat sich mal wieder durchgesetzt Foto: ap

BRÜSSEL taz | Noch brummt die deutsche Wirtschaft. Doch für 2017 sieht es mau aus – der Brexit und der Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump verdüstern die Aussichten. Die EU-Kommission hat deshalb vorgeschlagen, dass Deutschland und andere Überschussländer der Eurozone mehr für die Konjunktur tun und ihre Fiskalpolitik korrigieren sollen.

Statt weiter am Sparkurs festzuhalten, solle die Eurozone 2017 einen „fiskalpolitischen Stimulus“ in Höhe von 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung ansteuern, fordert die Brüsseler Behörde. Doch im Entwurf für die Schlussfolgerungen des EU-Gipfels am heutigen Donnerstag findet sich diese Empfehlung nicht mehr wieder. Deutschland hat sie herausgestrichen, das Thema ist tabu.

Dabei steht die EU-Kommission nicht allein: Auch der Internationale Währungsfonds IWF und die OECD, der Pariser Club der reichsten Industrieländer, haben Deutschland aufgefordert, mehr Geld auszugeben und mehr als geplant zu investieren. Die Institutionen verweisen auf die deutschen Überschüsse und die Niedrigzinsen, die es Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erlauben würden, ein Konjunkturprogramm zum Nulltarif aufzulegen.

Doch Schäuble will davon nichts wissen. „Es gibt keine Austerität in Europa, unsere Fiskalpolitik ist schon expansiv“, sagte er beim letzten Treffen der Eurogruppe Anfang Dezember. Außerdem würde es Portugal und anderen armen Euroländern kaum helfen, wenn Deutschland mehr investieren sollte. Nur durch Strukturreformen lasse sich das Wachstumspotenzial anheben.

Deutschland bleibt auf der Anklagebank

Schäuble setzte nicht nur durch, dass die Eurogruppe den Vorschlag der EU-Kommission zurückwies. Er machte der Brüsseler Behörde auch das Recht streitig, eine gemeinsame Fiskalpolitik für die Eurozone zu konzipieren. Die Kommission solle sich auf die Überwachung der Budgetregeln konzentrieren.

Seitdem schweigen Kommissionschef Jean-Claude Juncker und Währungskommissar Pierre Moscovici, die den Vorschlag ausgearbeitet hatten. Erledigt ist der Streit aber noch lange nicht. Auch Linke, Grüne und Sozialdemokraten im Europaparlament fordern, die Austeritätspolitik zu beenden.

Laut IWF ist die von Schäuble geforderte verschärfte Austeritätspolitik überzogen

Deutschland bleibt auf der Anklagebank, auch im Streit über Griechenland. Der IWF hat noch einmal festgestellt, dass die von Schäuble geforderte verschärfte Austeritätspolitik in Athen überzogen sei. Statt 3,5 Prozent, wie von der Eurogruppe gefordert, solle der Primärüberschuss (also das Budgetplus vor dem Schuldendienst) nur 1,5 Prozent betragen, so die Experten aus Washington.

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