Öko-Pirat über gestoppten Walfang: „Japan ist unberechenbar“
Der Internationale Gerichtshof stoppt Japans Walfang in der Antarktis. Für Sea Shepherd Boss Paul Watson geht der Kampf weiter.
taz: Herr Watson, das UN-Gericht hat Japans Jagd auf Wale gestoppt. Wie bewerten Sie das Urteil aus Den Haag?
Paul Watson: Wir sind sehr zufrieden mit der Entscheidung. Das Gericht hat entschieden, dass es keine wissenschaftliche Rechtfertigung dafür gibt, dass Japan Wale fängt. Das ist etwas, was wir seit Jahren wussten. Jedes Schulkind weiß das. Seit 1987 hat es Japan nicht geschafft, relevante wissenschaftliche Arbeiten vorzulegen. Die Frage ist nun, ob Japan das Urteil befolgt und den Walfang stoppt.
Was bedeutet das Urteil für Sie persönlich?
Ich stehe noch auf der roten Liste von Interpol, weil Japan mich darauf gesetzt hat. 2012 wurde ich in Deutschland festgenommen, weil ich illegalen Walfang in Japan bekämpft habe. Deutschland wollte mich an Japan ausliefern. Ich musste eine Kaution von 250.000 Euro zahlen und fliehen. Deutschland hat damals die Interessen Japans vertreten. Ich hoffe, dieses Urteil motiviert Deutschland dazu, aktiv zu werden, falls die Walfänger wieder kommen. Und ich hoffe, dass Interpol dieses Urteil als Beweis sieht, dass Japans Interpol-Anfrage politisch motiviert war. Ich habe niemanden verletzt. Ich habe bloß das Moratorium von von 1986 aufrecht erhalten. Dieses Urteil demonstriert das.
Welche Reaktion erwarten Sie aus Japan?
Eigennützige Propaganda. Regierung und Walfänger werden sich beschweren, wie unfair die Welt sie behandelt. Sie werden sagen, dass Walfang ihre Tradition ist. Dabei gibt es keine historische Rechtfertigung für Japan, Wale zu töten. Deutschland hat schon vor den Japanern Wale gefangen. Und Deutschland jammert auch nicht darüber, dass es sein kulturelles Erbe verloren hat.
Glauben Sie, Japan wird das Urteil ignorieren?
Japan ist unberechenbar. Deshalb bereiten wir unsere Schiffe darauf vor, im Dezember in die Walschutzzonen im Südpolarmeer zurückzukehren. Zwar ist es mich persönlich teuer zu stehen gekommen, aber Sea Shepherd bekämpft die Walfänger seit 2002 auf See. Solange es die Walschutzzone gibt, gibt es auch uns.
64, ist Gründer der Meeresschutzorganisation Sea Shepherd. Er selbst nennt sich „Captain Watson“. Der Öko-Pirat trägt seit Jahrzehnten Konflikte mit der Justiz aus. Seit 2012 steht er auf Wunsch von Japan auf der Interpol-Fahndungsliste. Im Sommer tauchte der Walschützer unter, weil deutsche Behörden ihn an Japan ausliefern wollten.
Was sollte passieren, wenn Japan das Urteil nicht befolgt?
Die Mitgliedsstaaten der Internationalen Walfang-Kommission sollten Handelssanktionen verhängen. Es gibt schon Maßnahmen der Kommission, die sie auferlegen können. Die USA hat vor kurzem den Fischimport aus Island gestoppt, wegen des illegalen Walfangs dort. Sie werden dann gezwungen sein, dasselbe mit Japan zu machen.
Wenn Japan den Walfang nun tatsächlich stoppt, machen Sie Ihre Organisation dicht?
Nein, denn dann wäre unser Ziel nur im Südpolarmeer erfüllt. Demnächst schicken wir unsere Schiffe nach Europa. Norwegen verstößt eklatant gegen kommerzielle Walfang-Regularien. Ebenso Island, das die vom Aussterben bedrohten Finnwale anvisiert. Und Sea Shepherd beschützt nicht nur Wale. Unsere Bucht-Beschützer werden im September nach Japan zurückkommen, um dort die Delfine zu schützen.
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