Öffentlichkeitsfahndung nach G20: Hamburg will im Ausland suchen
Die Suche nach vorgeblichen Plünderern während des G20-Gipfels zeigt nur geringen Erfolg. Die Behörden wollen deshalb auch in Italien und Spanien fahnden.

Szene am 7. Juli 2017 nahe der Landungsbrücken in Hamburg Foto: dpa
HAMBURG dpa/taz | Die stark kritisierte Öffentlichkeitsfahndung nach vorgeblichen Randalierern und Plünderern beim G20-Gipfel im Juli 2017 in Hamburg soll deutlich ausgeweitet werden. „Wir arbeiten derzeit daran, mit entsprechendem Bildmaterial auch im europäischen Ausland öffentlich zu fahnden“, sagte Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) dem Hamburger Abendblatt. Mit der Aktion betrete man „Neuland“.
Die Fahndungsbilder sollen etwa in Spanien und Italien verbreitet werden, so Grote. Aus diesen Ländern seien besonders viele „militante Linksextremisten“ zum G20-Gipfel nach Hamburg gereist.
Die am 18. Dezember gestartete Öffentlichkeitsfahndung in Deutschland verlaufe erfolgreich, sagte Grote. „Es ist bereits gelungen, viele Täter zu identifizieren.“ Nach Polizeiangaben wurden bislang 23 Tatverdächtige ausfindig gemacht, nach denen mit Fotos gefahndet wurde. Mehr als 100 Fahndungsbilder waren ursprünglich veröffentlicht worden.
Der Innensenator verteidigte die Veröffentlichung der Bilder. „Erstmals können sich Täter noch Monate nach Krawallen nicht sicher fühlen“, sagte Grote. Bei den Auseinandersetzungen während des Gipfels war es vor allem im Hamburger Schanzenviertel zu Zusammenstößen gekommen. Insgesamt gibt es nach Polizeiangaben etwa 3000 Ermittlungsverfahren.
Kritik gibt es weiterhin auch an den Polizeieinsätzen und der Verfolgung von DemonstrationsteilnehmerInnen. So ist derzeit eine Klage mehrerer Protestierender anhängig, die die Verfassungswidrigkeit verschiedener Einsätze belegen wollen.
Besonderes öffentlich Interesse erregte auch der Fall des italienischen Staatsbürgers Fabio V., der ein halbes Jahr in Untersuchungshaft saß, obwohl ihm keine konkrete Tatbeteiligung nachgewiesen werden konnte. Der Haftbefehl gegen ihn ist inzwischen aufgehoben.
Leser*innenkommentare
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Gast
..."Hamburg will im Ausland suchen"?
Wieso suchen? Die Teilnehmer am sog. G20-Gipfel sind doch alle bekannt.
Benedikt Bräutigam
Mal gedacht: wenn man in Italien Öffentlichkeitsfahndung betreibt geht man doch wohl davon aus, den so identifizierten Straftätern auch habhaft werden zu können. Wenn also Auslieferungen auf der Basis der Tatvorwürfe grundsätzlich möglich sind, wieso muss dann ein 19- jähriger Ialiener als Auflage für die Aussetzung seiner bereits halbjährigen Untersuchungshaft in Hamburg bleiben und sich drei Mal in der Woche bei der Polizei melden? Irgendetwas stimmt da doch nicht. Entweder ist die Fahndung Show oder sind die Auflagen Schikane. Vermutlich trifft aber beides zu.
Pfanni
„Die Suche nach VORGEBLICHEN Plünderern …“
Ob es „vorgebliche“ Plünderungen gab, weiß ich nicht. Aber es gab tatsächliche Plünderungen, wie auf Filmen von Überwachungskameras zu sehen war. Außerdem gab es, ebenfalls auf Film gebannt, Randale in gewissen Stadtteilen, für die merkwürdigerweise die Polizei und nicht die Randalierer verantwortlich gemacht wurden. Und nun wird die Polizei kritisiert, weil sie sich an die Öffentlichkeit wendet um den Tätern auf die Spur zu kommen?!
Ich habe bisher keine Kritik über Fernsehsendungen gehört, in denen die Öffentlichkeit ebenfalls aufgefordert wird, der Polizei bei der Aufklärung von Straftaten zu helfen. Warum sollen Täter geschützt werden, nur weil sie ihr kriminelles Tun als „Klassenkampf“ verstanden wissen wollen?
Es wäre zu wünschen gewesen, dass die friedlichen Demonstranten, schon aus Eigeninteresse, sich nicht nur halbherzig und verbal von Gewalttätern distanzieren, sondern z. B. derartige Typen in flagranti schnappen und an die Polizei übergeben. Davon habe ich leider nichts gehört. Es gab immer nur die schmallippige Auskunft: „Wir waren’s nicht“!
El-ahrairah
@Pfanni Kleinbürgerangst. Aber gegen Bankenrettung und Massenentlassungen das Maul nicht aufkriegen.
Gnarv
@El-ahrairah unter den banken und internationalen großkonzernen leiden milliarden, aber das ist halt nicht so leicht zu sehen, wie die bösen jungs vor der tür. zumal es nicht so leicht ist, über den eigenen pfannenrand zu schauen (hahaha, der musste sein...)
Benedikt Bräutigam
Hat man in Hamburg eigentlich nichts anderes zu tun? Glückliches Hamburg! Allerdings verstärkt sich doch zunehmend der Eindruck eines Rachefeldzugs der stolzen Hanseaten gegen diejenigen, die ihnen ihren schönen G 20- Gipfel kaputt gemacht haben. Und wenn die vornehmen Pfeffersäcke Schaum vor dem Mund haben wirkt das schon ziemlich lächerlich. Aber leider nicht nur lächerlich. Bei einem halben Jahr Untersuchungshaft und grotesken Auflagen für einen 19- jährigen, dem man keine konkreten Taten zuordnen kann, ist offensichtlich nicht nur das Recht schon reichlich gebogen sondern auch schon eine gewisse Deformation bei der Justiz und ihren Repräsentanten erkennbar.
Markus Müller
Da schau her,welchen Aufwand wegen "Plündereien" der bundesrepublikanische Staatsapparat treiben kann,wenn die "Gefahr" nur aus der richtigen,nämlich der linken Ecke kommt.
Aber abgefackelte Flüchtlingsheime und Autos von Buchhändlern verfolgt man stets aussichtslos.
Wie schade.