Öffentlicher Suizid einer Trans*Frau: Rest in Power, Ella!
Vergangene Woche verbrannte sich die Trans*Frau Ella am Alexanderplatz öffentlich. Am Sonntag trauerten dort mehr als 200 Menschen gemeinsam.
Die 40-Jährige war am Mittwoch im Krankenhaus gestorben. Ein Mitarbeiter des Kaufhauses hatte die brennende Frau mit einem Feuerlöscher gelöscht, ein Hubschrauber hatte sie ins Krankenhaus gebracht. Warum sie sich das Leben nahm, ist laut Polizei nicht bekannt. Für alle Anwesenden aber ist klar, dass es die tagtäglichen Diskriminierungen waren, die sie in den Suizid trieben.
„Ich will keine politische Rede halten“, sagt die Veranstalterin zu Beginn. Wie fast alle hier habe auch sie vom Suizid über Twitter erfahren. „Aber es ist auch klar, dass Ella einen politischen Auftrag hinterlassen hat“, fährt sie fort. Es tue gut, gemeinsam zu trauern und sich mit Wertschätzung zu begegnen.
„Unsere Tode sind politisch“
Anschließend bleibt es lange still. In kleinen Gruppen sitzen Anwesenden zusammen, sie umarmen und trösten sich, sprechen leise miteinander. Doch nach und nach wagen sich weitere Redner:innen ans Megafon und teilen ihre Erfahrungen. Es sind Geschichten über Trauerprozesse, Diskriminierungserfahrungen, auch eigene Suizidgedanken werden geteilt. Ein Freund von Ella berichtet, wie sie von Behörden diskriminiert wurde – als Geflüchtete und als Trans*Frau. „Sie hat immer gekämpft gegen ein bürokratisches System, das sich für sie nicht interessiert hat“, sagt er.
Eine weinende Redner:in rief aus: „Ich möchte euch alle wiedersehen! Aber nicht bei einem Anlass wie diesem, sondern zum 40., 50., 60. Geburtstag einer farbigen Transfrau!“
Ein Mann kritisierte, immer wieder würden Europäer:innen denken, Transphobie gebe es nur woanders, etwa im Iran. „Dieser Scheiß ist hier in Berlin passiert!“, sagt er wütend. „Unsere Tode sind politisch!“, ruft ein:e Redner:in verzweifelt. Und weiter: „Wie viele Transmenschen müssen sterben, bis unsere Leben ernst genommen werden?“
Wenn Sie Suizidgedanken haben, sprechen Sie darüber mit jemandem von der Telefonseelsorge 0800/111 0 111, www.telefonseelsorge.de)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich