Öffentliche Verwaltung auf Social Media: Rückzug ist keine Option
Sollten öffentliche Verwaltungen wie die Kommunen aus den sozialen Medien aussteigen? Nein, sie müssen sich nur andere, bessere Strategien überlegen.
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D er Präsident des Deutschen Landkreistages, Achim Brötel, hat in einem Gespräch mit der Funke Mediengruppe Städten und Gemeinden empfohlen, über einen Rückzug aus sozialen Medien nachzudenken. Als öffentliche Verwaltung sollte man „ernsthaft überlegen“, ob man die Plattformen, die laut ihm vielfach „Biotope der Respektlosigkeit“ seien, „künftig überhaupt noch bespielen“ wolle.
Diese Haltung ist problematisch. Der CDU-Politiker hat zwar recht: Auf vielen Plattformen ist die Stimmung aufgeheizt. Der rechte Milliardär und Trump- wie AfD-Unterstützer Elon Musk hat X (ehemals Twitter) in wenigen Jahren ethisch heruntergewirtschaftet und seinen ideologischen Geschwistern kredenzt.
Auf TikTok, Meta, Reddit, Snapchat und Co werden konstant auch Propaganda, Fake News und Hass verbreitet. Der Zustand der sozialen Medien ist grauenhaft. Ein Rückzug der öffentlichen Verwaltung, etwa der Kommunen, der Ämter und Ministerien oder der Universitäten ist allerdings eine Flucht vor den eigenen Verpflichtungen.
Über neue Strategien nachdenken
Die öffentliche Verwaltung hat die Aufgabe, mit der Öffentlichkeit ins Gespräch zu gehen. Und die sitzt nicht nur in Versammlungen im Gemeindehaus. Die Öffentlichkeit treibt sich auch an dreckigeren Orten herum, zum Beispiel auf Internetplattformen.
Gerade deswegen sollte man nicht über Rückzug, sondern über Strategien nachdenken: Auf welcher Plattform wollen und können wir uns zeigen? Und wie? Städte sollten auf Snapchat Jungwähler*innen einfache Wege zur Briefwahl aufweisen. Die Volkshochschulen sollten auf Pinterest die Ergebnisse des letzten Fotografiekurses präsentieren und die Bücherei auf TikTok ihre Neuzugänge. Das Rathaus müsste auf Instagram und Facebook, wo sich so viele Büger*innen aufhalten, über Neubauprojekte und den Zustand der Schulen berichten.
Unterschiedliche Social-Media-Plattformen bieten unterschiedliche Nischen und Möglichkeiten. Man muss sie nur nutzen, statt sich der Verantwortung zu entziehen, die man als Institution der öffentlichen Verwaltung hat: Kommunikation mit der Öffentlichkeit.
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