Öffentliche Bibliotheken in Berlin: Geistige Tankstellen für alle!
Dass die Berliner Bibliotheken geschlossen wurden, widerspricht der Idee, Bücher weiter zugänglich zu halten. Online-Angebote sind kein Ersatz.
D er Lockdown hat auch schöne Seiten: zwischen Buchdeckeln. Wenn sonst fast nichts mehr geht und der Nieselregen zusätzlich auf die Seele schlägt, hat man immerhin mal Zeit zum Lesen. Das spendet Trost, das regt Geist und Fantasie an. Umso bedauerlicher, dass ausgerechnet jetzt alle Berliner Bibliotheken geschlossen wurden.
Ohne Vorwarnung. Ohne triftige Begründung. Eine kurze Mitteilung am Freitagnachmittag, dann war Feierabend bei den öffentlichen Büchereien bis mindestens 14. Februar. Das heißt, auch für die Winterferien in der nächsten Woche können sich die SchülerInnen nichts mehr ausleihen.
Ist dieser harte Lese-Lockdown wirklich nötig? So berechtigt die Sorge um die Gesundheit der Angestellten und der NutzerInnen in den Bibliotheken ist: Die Gefahr kam ja nicht gerade überraschend, anders als bei der ersten Coronawelle vor fast einem Jahr. Hätten sich die zuständigen Behörden diesmal nicht besser vorbereiten können?
Nicht mal Abholung am Ausgabeschalter
Natürlich kommt ein Normalbetrieb zwischen engen Buchregalen und mit gemütlichen Leseecken zur Zeit nicht infrage. Aber zumindest Ausgabeschalter an den größten Bibliotheken für online bestellte Bücher müssten sich doch auch mit coronabedingt eingeschränktem Personal organisieren lassen.
Stattdessen verweisen Bibliotheksverwaltung und Senat jetzt nur noch auf das Online-Angebot. Das ist besser als nichts, und man kann Bücher natürlich auch auf dem iPad lesen – wenn man denn eins hat. Aber dass auch kleine Kinder nur noch auf Bildschirme glotzen müssen, kann niemand ernsthaft wollen.
Die Bibliotheksschließung sollte deshalb keine Dauerlösung sein. Schon gar nicht in einer Stadt, deren linker Kultursenator Klaus Lederer die Buchläden zu Recht als „geistige Tankstellen“ schützt. Diese sind deshalb zum Glück noch offen. Doch da zu tanken, kostet Geld, das nicht alle haben. Die Bibliotheken müssten uns also erst recht lieb und teuer sein.
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