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Öffentlich-rechtlicher RundfunkNeuer Medienstaatsvertrag

Manche Programme könnten aus dem linearen Fernsehen verschwinden. Kontrollgremien sollen gestärkt werden.

Zwei, die auf alle Fälle im Fernsehen bleiben: ZDF und SWR Foto: Felix Koenig/imago

Die Mi­nis­ter­prä­si­den­t*in­nen der Länder haben in Hannover den neuen Medienstaatsvertrag für ARD, ZDF und Deutschlandradio unterzeichnet, das gab die Staatskanzlei Rheinland-Pfalz am Freitag bekannt. Das Land koordiniert die Rundfunkpolitik der Länder. Einzig die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer von der SPD habe den Vertrag noch nicht unterzeichnet. Sie hatte die Konferenz vorher verlassen. Laut Staatskanzlei wird sie in dieser Woche unterschreiben.

Der Medienstaatsvertrag legt unter anderem fest, welchen Auftrag die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben, aber auch, wie sie organisiert sind, etwa durch Aufsichtsgremien wie dem Rundfunkrat, der sich mit Inhalten befasst, und dem Verwaltungsrat, der für das Finanzielle zuständig ist.

Laut dem neuen Medienstaatsvertrag sind es weniger Kanäle, die im linearen Fernsehen oder Radio ausgestrahlt werden müssen. Darunter fallen beim Fernsehen die wichtigsten Angebote, also ARD, ZDF und die dritten Programme der ARD wie NDR, SWR und andere regionale Programme sowie die Kulturkanäle 3sat und Arte. Andere Angebote wie Kika, Tagesschau24, Phoenix, One, ZDFneo und ZDF­info sind nicht mehr fest im linearen Fernsehen gesetzt. Die Rundfunkanstalten können entscheiden, ob die Kanäle weiterhin linear im Fernsehen ausgestrahlt werden. Alternativ können sie die Programme ins Internet oder in Apps verlagern oder sie ganz einstellen – vorausgesetzt, die zuständigen Aufsichtsgremien stimmen der jeweiligen Änderung zu.

Jens-Ole Schröder, juristischer Direktor des MDR, begrüßte diese Entscheidung gegenüber der MDR-Sendung „Sachsen-Anhalt heute“: „Wir können unseren Auftrag deutlich flexibler gestalten und das ist ein großer Schritt nach vorn.“ In den sozialen Medien befürchteten andere Personen hingegen, dass die Programme an Reichweite verlieren könnten, wenn sie nur noch im Internet zugänglich sind und somit manche Menschen gar nicht mehr erreichen.

Überprüfung von Haushalt

Ein weiterer Aspekt des neuen Medienstaatsvertrages sind die Gremien. Diese sollen neue Aufgaben bekommen. Zu denen gehört neben den der Festlegung von „inhaltlichen und formalen Qualitätsstandards“ eine „wirtschaftliche und sparsame Haushalts- und Wirtschaftsführung“ – und das Festsetzen von „standardisierten Prozessen zu deren Überprüfung“. Insbesondere im Lichte der Skandale bei RBB und NDR wirkt das überfällig.

Tatsächlich ist die Erneuerung des Medienstaatsvertrags jedoch nicht erst seit Kurzem in Planung. Schon sechs Jahre diskutieren die Länder über Reformen in Struktur und Auftrag. 2016 wurde dafür eine Arbeitsgruppe installiert. Unter dem Titel „Auftrag und Strukturoptimierung der Rundfunkanstalten“ sollte sie Reformen erarbeiten. Nach einer Einigung der Mi­nis­ter­prä­si­den­t*in­nen im Juni 2022 konnte dann die Rundfunkkommission der Länder einen Entwurf erarbeiten.

Wenn die Landtage das Gesetz ratifiziert haben, soll es am 1. Juli in Kraft treten. Die Finanzierung ist dabei kein Thema. Diese soll in einem anderen Reformschritt behandelt werden. Der bisherige Medienstaatsvertrag ist seit 2020 in Kraft. Er ersetze den Rundfunkstaatsvertrag, der seit 1991 galt. (jdo, epd)

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