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Öffentlich-private PartnerschaftenÖPP funktioniert im Straßenbau nicht

Das Verkehrsministerium hält an öffentlich-privaten Partnerschaften fest. Und das obwohl ÖPP im Straßenbau extrem unwirtschaftlich ist.

War sehr teuer: ÖPP-Projekt A8. Foto: dpa

BERLIN taz | Das Bundesverkehrsministerium (BMVI) und der Bundesrechnungshof (BRH) streiten erneut über die private Beteiligung am Bau von Bundesfernstraßen, sogenannte öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP). Das geht aus einem gemeinsamen Bericht an den Rechnungsprüfungsausschuss hervor, der der taz vorliegt.

Schon 2014 hatten die Prüfer Verkehrsminister Alexander Dobrindt vorgerechnet, dass fünf der sechs existierenden Bundesfernstraßenprojekte 1,9 Milliarden Euro teurer geworden seien, statt Kosten zu sparen. „Der Bundesrechnungshof ist der Auffassung, dass die bisherigen ÖPP-Projekte unwirtschaftlich sind.“ Das Ministerium sagte daraufhin, der BRH irre. Deswegen musste der neue Report erstellt werden.

In seinem Anschreiben behauptet Norbert Barthle, parlamentarischer Staatssekretär im BMVI, „frühere Dissense mit dem BRH konnten bis auf zwei Punkte ausgeräumt werden“. Tatsächlich strotzt der Bericht vor Fragen, in denen beide Seiten uneinig sind.

Bei Infrastrukturprojekten, die Milliarden Euro teuer sind und Vertragslaufzeiten von 20 bis 30 Jahren umfassen, bedeuteten etwa um wenige Prozentpunkte billigere Zinsen uneinholbare Kostenvorteile. Und der Vorsprung des Staates bei der Kreditbeschaffung ist von Privaten kaum einholbar. Schließlich kann er sich – zumal mit einer Bonität wie Deutschland – viel günstiger Geld leihen.

Und nicht nur das: „Nach Jahren fehlgelaufener ÖPP-Projekte ist nicht einmal geklärt, wie der Staat sicherstellt, dass er seine Straßen von den privaten Betreibern in ordnungsgemäßem Zustand zurückbekommt“, kritisiert Carl Waßmuth von der NGO Gemeingut in Bürgerinnenhand. Umso erstaunlicher sei es, „dass es derzeit kein hinreichend gesichertes Verfahren gibt, um den Restwert einer Straße am Ende der Vertragslaufzeit zu bestimmen“.

Kosten über Jahre gestückelt

Er hat im Bericht acht Dissense der Parteien identifiziert und der taz erläutert. So heißt es: „Das BMVI bestreitet weiterhin die seitens des BRH benannten Mehrkosten in Höhe von 1,4 Milliarden.“ Dass ÖPP-Projekte trotz des Risikos steigender Zinsen wirtschaftlicher sein könnten, wie das Ministerium meint, bezweifelt der BRH.

Und während das Ministerium nicht an die Fähigkeiten der staatlichen Mitarbeiter glaubt, die Infrastrukturprojekte allein umzusetzen, schreibt der BRH, „dass mit einer angemessenen Personalausstattung der Straßenbauverwaltung, in der konventionellen Umsetzung Terminsicherheit und Verfügbarkeit ebenso gut und zuverlässig zu gewährleisten sein müssten“. Offenbar lasse das Prinzip von ÖPP – die Kosten werden über Jahre gestückelt und tauchen nicht direkt im Haushalt als Schulden auf – einen „Anreiz entstehen, Projekte auch dann im Wege von ÖPP zu realisieren, wenn eine konventionelle Realisierung wirtschaftlicher wäre“.

Kritiker Waßmuth hat die Gewinne der Konzerne kalkuliert: Würden die laufenden Projekte weiterhin jeweils rund 280 Millionen Euro teurer als bisher, beliefe sich die Rechnung für die SteuerzahlerInnen auf 6,7 Milliarden Euro. „Seit zehn Jahren sagen die Rechnungshöfe: Ihr rechnet falsch, das wird teurer. Und nun gibt das Ministerium zu: Viele der Kosten kennen wir selbst nicht“, sagt er. Doch statt mit ÖPP aufzuhören, habe das Ministerium noch mehrere ÖPP-Gutachten in Auftrag gegeben. Vielleicht führen diese ja zum gewünschten Ergebnis.

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12 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Fakt ist - schon die Überschrift -

    Was kurzbehost - &

    @Pluto - ist vorne. - Ja.

     

    Der Rechnungshof macht entsprechend seiner Aufgabe - ja wie durchweg -

    Einen guten Job ~>

    Conclusio:Das rechnet sich nicht!!

     

    Ok - Aber wer das weiß -

    Weiß schon was - aber zu wenig.

    Ein Journalist dürfte - &

    Hier wirds gemacht -

    Mal übern Tellerrand -

    Gucken/Fragen. Gern.

     

    Mit 'n paar Jährchen Umwelt/Planungsrecht via

    Abfall/HTR/Überlandleitungen/

    Straßen bis ABahnen aufm Buckel -

    Sach ich mal ~>

     

    Alles öffentliche Spiegelfechterei von

    IndustriellWirtschafts/Banken-Komplex

    ArminArm mit willfährigen Politikaster

    Named - by

    Dobrie di Maut & Siggi el Plopp -

    Vorweg.

     

    Ziel - insgesamt ~>

    Entdemokratiesierung von Planungs/Realisierungsprozessen

    Atomisierung der Kontrolldichte -

    Installation von risikofreien Gelddruckmaschinen.

     

    Heutiger -

    Vorrangiger privater Impetus -

    Frei floatendes (Überschuß)kapital

    Rentensicher (dank Steuerfinanzierung)

    Geld Hecken lassen.

    (Euro-Krise/Greece-Kiste lassen grüßen

    &"Holt die Lear-Jets vom Himmel" http://www.taz.de/!5025807/

     

    ff

    • @Lowandorder:

      ff

       

      Früher ~>

      Tschernobyl - remember¿!

      Der Super-Gau wäre nicht eingetreten -

      Ja!! - hätte Politik wie Atom-Wirtschaft -

      Die erstinstanzliche Entscheidung des

      Verwaltungsgerichts Freiburg über

      Den ersten Reaktor dieser

      "Tschernobyl-Reihe" akzeptiert.

      Und die Reaktoren wie entschieden

      Mit einem BERSTSCHUTZ ausgestattet.

      Der Rest - Geschichte - bis heute - &

      Noch lange.

       

      Damit damals spätestens der Angriff auf

      Demokratische Prozesse&Kontrolldichte.

      Diese sog.Großverfahren wurden in die

      Zuständigkeit der Obergerichte entsorgt /

      AtomR gar komplett systemwidrig -

      Eingangs&=Endinstanz

      BVerwG - eine reine Revisionsinstanz!!

      ("Schriftgelehrtenkommssion;)

      "Na da werden die

      Herren Oberrichter aber ordentlich

      Was zu lernen haben!";) -

      "Der Herr Kollege ist für seine freche Klappe bekannt,

      Aber recht hat er!";!¡)

       

      ÖPP - haut dem ganzen

      Die Krone ins Gesicht. ~>

      Die Offizialmaxime -

      Der Untersuchungsgrundsatz -

      Eherner Grundsatz Verwaltungsgerichtlicher Verfahren

      Wird komplett ausgehebelt.

      (vgl.dazu aktuell auch die kackfreche Antwort des HH-Senats zu

      Hafenschlick Wo Sisyphus baggert http://www.taz.de/!5260586/#bb_message_3323813 ;)

       

      Da können nicht mehr

      Akten/Unterlagen etc angefordert /Gutachten etc eingeholt werden.

      Nö - Alles sensible Daten!!

      Aber so was von!!

      Noch Fragen¿! Nö - nich.

       

      Beispiel ? Gerne.

      Als Dobrindts VorVor…VerkehrsGänger -

      Günther Krause in guter

      DDR-Manier in den Verdacht geriet -

      Er habe sich die Vergabe der Autobahnraststätten

      (Gelddruckmaschinen par exellance)

      Vergolden lassen -

      Trug das Ministerium kackfrech-ernsthaft vor -

      Akten brauche sie dem

      VG Köln nicht vorlegen.

      Es handele sich um Privatrecht!!!

      ( da gilt der Untersuchungsgrundsatz nämlich nicht)

      Nachdem das homerische Gelächter in den echolastigen Fluren verklungen war -

      Nahm Herr seinen Hut.

       

      Bei ÖPP würde das

      Gelächter aber eben nicht erklingen!!

      Die Verweigerung der Vorlage von Unterlagen etc

      Wäre vielmehr gültige Rechtslage.

      So geht das.

      • @Lowandorder:

        & Günther Krause im Amt geblieben!!

        • @Lowandorder:

          Demokratie? Schaden vom Volk abwenden? Hihi. Im Durchschnitt schadet's dem Volk ja nicht, wenn Geld nach oben umverteilt wird, dorthin, wo eh schon zu viel ist. Je mehr, je lieber: Dann weiß man wenigstens, wo's ist.

          • @Karl Kraus:

            Heute mal

            Schwarzer Krauser¿!

  • 2G
    27741 (Profil gelöscht)

    Fakt ist, dass die Wirtschaft immer mehr in die Politik drängt. Zu erwähnen wäre noch die Mitarbeit vieler Firmen in den Ministerien und viele Städte lassen ihren Haushalt schon mit Werbeeinnahmen stützen. Der Staat lässt sich korrumpieren. Der Primat der Politik wir langsam ausgehölt und Politiker helfen dabei. Demokratie wird langsam aber sicher zurückgefahren. Wenn nichts dagegen unternommen wird, ist das die Zukunft unserer Kinder.

  • Ich weiß nicht, was es da ernsthaft zu diskutieren gibt: Die Kostennachteile der privaten Anbieter - höhere Kapitalkosten und Notwendigkeit einer Gewinnerzielung - sind so eindeutig, dass dass ein Vorteil einer ÖPP nur mit dreister Schönrechnerei, betriebswirtschaftlichen Rechentricks und/oder künstlicher Benachteiligung der privaten Seite vorgegaukelt werden kann. Zu letzterem Punkt zählt etwa die Behauptung, der öffentliche Akteuer sei unflexibler und langsamer, ein Zustand, der sich von interessierter Seite leicht durch unsinnige schein-rechtliche Hürden und verordneten Bürokratismus herbeiführen lässt.

     

    Die Resistenz vieler Politiker gegen die schlichte Faktenlage und die immer wiederkehrende, fundierte Kritik des Rechnungshofs lässt sich nur entweder mit himmelschreiender Inkompetenz oder mit einer "persönlichen" Motivlage erklären.

    • @Bitbändiger:

      Stimmt, ÖPPs können gar nicht funktionieren.

       

      Wieso muss man eigentlich immer wieder daran erinnern, dass die öffentliche Hand ihre Rechte (Satzungsbefugnis, Beitragserhebung etc.) nicht kostenlos erhalten hat? Sie musste sich im Gegenzug verpflichten, Daseinsvorsorge zu betreiben - und zwar zum Selbstkostenpreis. Damit war sie ursprünglich mal der Gegenentwurf zur Privatwirtschaft, deren erstes (und manchmal einziges) Ziel die Gewinnerwirtschaftung war, ist und bleiben wird, die zur "Strafe" dafür allerdings keine auf die Allgemeinheit gerichteten Vorrechte hatte. Auch das hat sich geändert.

       

      Irgendwann war den Entscheidern in den Verwaltungen die Sicherung der Daseinsvorsorge nicht mehr genug. Zusätzlich zur alten (und durch das Profit-Verbot begrenzten) Macht wollten die angeblichen "Sesselfurzer" und "Steuergeldverschwender" das positivere Macher-Image privater Unternehmer. Jedenfalls haben sie in den vergangenen Jahrzehnten krampfhaft versucht, ihren Kritikern das freche Maul zu stopfen. Je größer und bekannter diese Unternehmen waren und je komplizierter die Vertragsdetails, desto beliebter waren die ÖPP-Projekte.

       

      Glatt vergessen wurde im gemeinschaftlichen Rausch vermeintlicher Erfolge, dass private Unternehmen unbedingt Gewinn erwirtschaften müssen, und zwar mehr als ihre Konkurrenz. Über Geld redet man nicht. Man hat es. Woher? Der Gründungsmythos des Kapitalismus erklärt es nicht. MAXIMAL-Gewinne speisen sich nicht allein aus größerer Effizienz bzw. Kompetenz oder aus Steuervorteilen. Auch nicht im Straßenbau. Sie verlangt immer noch einer Umverteilung von Arbeit bzw. Geld. Man kann auch Ausbeutung sagen, aber das klingt nach Marx und Manchester, nach Ideologie und Ewiggestrigkeit. Nach nichts also, womit man sich 2016 schmücken möchte. Lieber schweigt man oder lügt sich in die Tasche.

  • ÖPP stoppen ist gut, Straßenbau stoppen ist besser.

    • @Mika:

      Sie sind also der Ansicht, öffentliche Straßen, Brücken und Radwege wären nichts, was der Mensch für ein menschenwürdiges Dasein braucht, verstehe ich Sie richtig, verehrteR MIKA? Sie fallen auch dann nicht unter Daseinsvorsorge, wenn sie reparaturbedürftig oder veränderungsbedürftig sind, und sie gehen die Verwaltungen also nichts an.

       

      Nun, dann können wir das Straßennetz ja ganz privatisieren. Das macht die Sache deutlich einfacher: Wer Geld hat, kommt auch morgen noch ganz leicht von A nach B, wer nicht, der muss sich mühsam durch die Büsche schlagen. Wobei - vielleicht sind ja auch die Büsche grundsätzlich verzichtbar für ein öffentliches Leben. Wenn ja, müssen sich nur noch ein paar engagierte Raubritter finden, die tough genug sind dafür zu sorgen, dass das Da-Sein nicht mehr jedem möglich ist. Ich bin ganz sicher, dass das keine große Hürde ist.

       

      Ja, auch das ist eine Lösung für den Ärger mit den ÖPPs. Eine, die man gut auch auf andere öffentliche Einrichtungen anwenden kann. Auf Kitas, Schulen, Krankenhäuser und so weiter. Wie schade, dass ich nie erfahren werde, wie Sie, verehrteR MIKA, denken, wenn ihre Vorstellung erst einmal Realität geworden ist!

  • Jetzt , wo unser derzeit beliebtester Politiker gefordert ist , wegen der Versorgung der von der Heiligen Angela hereingelassenen Flüchtlinge geniale Tricks kreativer Buchführung aus dem Hut zu zaubern (Stichwort: schwarze Null) , gibt es doch gar keine Alternativen mehr außer : m e h r ÖPP !

    Und außerdem ... - in dreißig Jahren , wenn darüber die Schlussrechnungen vorgelegt werden , sind die heutigen Berliner EntscheiderInnen eh alle schon tot oder jeneits von Gut und Böse .

    :-((

    • @APOKALYPTIKER:

      Schwarze Null und ÖPP gab´s schon vor der Flüchtlingswelle.